Populistischer Ex-Regierungschef Babis gewinnt Parlamentswahl in Tschechien

Wahlsieger Babis (Mitte)
Wahlsieger Babis (Mitte)
© AFP
Mit einem klaren Sieg seiner Partei bei der Parlamentswahl in Tschechien hat der rechtspopulistische Ex-Ministerpräsident Andrej Babis ein aufsehenerregendes politisches Comeback hingelegt. Die Ano-Partei des 71-jährigen Multimilliardärs landete am Samstag nach Auszählung fast aller Stimmen mit 34,6 Prozent mit großem Vorsprung auf dem ersten Platz. Das Wahlergebnis könnte eine Kehrtwende in Tschechiens Ukraine-Politik bedeuten: Während die bisherige Regierung Kiew kräftig unterstützte, will Babis die Militärhilfe kürzen.

Babis sprach nach Bekanntwerden seines Siegs von einem "historischen Ergebnis". Es sei der "absolute Höhepunkt" seiner politischen Karriere, sagte der Unternehmer, der bereits zwischen 2017 und 2021 tschechischer Regierungschef gewesen war.

Das Parteienbündnis Spolu (Gemeinsam) des bisherigen konservativen Ministerpräsidenten Petr Fiala schaffte es bei der zweitägigen Parlamentswahl mit 23,3 Prozent nur auf den zweiten Platz. Der liberale Koalitionspartner Stan kam auf 11,2 Prozent, die Piratenpartei, die im vergangenen Jahr aus Fialas Koalition ausgetreten war, erzielte 8,9 Prozent. Der abgewählte Regierungschef Fiala gratulierte Babis zu seinem Wahlsieg und schloss die Möglichkeit aus, eine neue Regierungskoalition zu schmieden.

Babis - ein Anhänger von US-Präsident Donald Trump - wird zum Regieren auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen sein. Er stellte am Samstagabend aber klar, dass er keine Regierungskoalition bilden wolle: Ihm schwebe "eine Regierung mit nur einer Partei" vor. Unterstützung holen will Babis sich aber bei der rechtsextremen Partei SPD, die auf 7,8 Prozent der Stimmen kam, und der rechtsgerichteten Autofahrerpartei, die 6,8 Prozent erhielt.

Die rechtsextreme SPD verspricht in ihrem Wahlprogrammen ein Referendum über einen EU-Austritt Tschechiens, was Babis vehement ablehnt. Am Samstagabend betonte der Wahlsieger: "Wir sind eindeutig pro-europäisch und Pro-Nato."

Tschechien ist unter der von Fiala angeführten Mehrparteienregierung bislang ein entschlossener Verbündeter der Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland. Prag hat Rüstungsgüter geliefert, zahlreiche ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und eine "Munitionsinitiative" ins Leben gerufen, um Kiew in seinem Verteidigungskampf zu unterstützen.

Unter einer von Babis geführten Regierung könnte das Land sich aber in dieser Frage der Slowakei und Ungarn annähern, den derzeit Russland politisch am nächsten stehenden EU-Staaten. Babis versteht sich gut mit dem slowakischen Regierungschef Robert Fico und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und hatte Wahlkampf damit gemacht, die Militärhilfen für die Ukraine zu kürzen.

Josef Mlejnek von der Karls-Universität in Prag sagte der Nachrichtenagentur AFP aber, er erwarte keinen "grundsätzlichen Wandel" in der tschechischen Außenpolitik. "Babis ist ein pragmatischer Geschäftsmann, und das einzige, was ihn interessiert, ist es Regierungschef zu sein."

Der tschechische Präsident Petr Pavel, der den künftigen Regierungschef gemäß der Verfassung ernennen muss, wird am Sonntag Gespräche mit den Parteichefs beginnen.

Selbst wenn Babis einen offen EU-kritischen Kurs einschlagen sollte, bliebe seine Macht deutlich stärker eingeschränkt als die von Orban in Ungarn. Tschechiens Parlament besteht - anders als das Einkammerparlament in Ungarn - aus zwei Kammern. Im Senat, der an diesem Wochenende nicht zur Wahl stand, gibt es eine deutliche pro-europäische Mehrheit.

Im Europäischen Parlament gehört die Ano-Partei der Rechtsaußen-Fraktion Patrioten für Europa an, die Babis mit Orban gegründet hatte. Ano ist darin verbündet mit mehr oder minder offen russlandfreundlichen Kräften wie Orbans Fidesz, dem französischen Rassemblement National der mehrfachen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, der italienischen Lega und der österreichischen FPÖ.

fs/

AFP