Streit um ESC-Teilnahme Israels: Neue Regeln sollen Mitgliedsländer überzeugen

JJ, Sieger des ESC 2025
JJ, Sieger des ESC 2025
© AFP
Inmitten der Debatte über die Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest (ESC) im kommenden Jahr in Wien hat die europäische Rundfunkunion EBU neue Regeln für den Wettbewerb angekündigt. So sollen "Vertrauen, Transparenz und Publikumsbindung" gestärkt werden, wie die EBU am Freitag mitteilte. Unter anderem stimmen schon in den Halbfinals professionelle Jurys mit ab und werden die Regeln für Werbekampagnen verschärft.

Die Mitglieder sollen das Maßnahmenpaket bei der EBU-Vollversammlung am 4. und 5. Dezember prüfen und dann entscheiden, ob sie ausreichen "um ihre Bedenken hinsichtlich der Teilnahme auszuräumen, ohne über das Thema abstimmen zu müssen". Nach der Versammlung will die EBU mit den einzelnen Mitgliedsländern zusammenarbeiten, um die Teilnahme am ESC 2026 zu bestätigen. Die Liste der Teilnehmer soll noch vor Weihnachten bekanntgegeben werden.

Das Vorgehen Israels im Gazastreifen nach dem Angriff der Hamas im Oktober 2023 hatte in vielen Ländern eine Debatte über eine israelische Teilnahme am ESC ausgelöst. Mehrere Länder, darunter Spanien, Irland und die Niederlande, drohten mit einem Boykott des Wettbewerbs, sollte Israel auch im kommenden Jahr dabei sein. Deutschland und andere Länder sprachen sich allerdings gegen einen Ausschluss Israels aus.

In diesem Jahr hatte es zudem Vorwürfe gegeben, Israel könne die Zuschauerabstimmung manipuliert haben. Die israelische Starterin Yuval Raphael hatte im ESC-Finale in Basel im Mai völlig überraschend das Publikums-Voting gewonnen. Hinweise auf Manipulationen fanden sich aber nicht - Israel könnte von einer aufwändigen Werbekampagne in sozialen Netzwerken profitiert haben.

Die EBU verschärfte als offensichtliche Konsequenz die Regeln für Werbekampagnen für die teilnehmenden Rundfunkanstalten. So solle der ESC besser vor Versuchen geschützt werden, "die Abstimmung in unfairer Weise zu beeinflussen". Von "unverhältnismäßigen Werbekampagnen" wird demnach abgeraten, vor allem wenn diese von Dritten gestaltet oder unterstützt werden - einschließlich Regierungen oder Behörden.

Die EBU betonte nun, dass sich weder Rundfunkanstalten noch teilnehmende Künstler an Werbekampagnen Dritter beteiligen dürften, die das Abstimmungsergebnis beeinflussen könnten.

Die neuen Regeln für die Jurys in den Halbfinals sehen vor, dass diese aus sieben Juroren bestehen, die mit der Musikbranche zu tun haben. Als Beispiele nannte die EBU Musiklehrer, Choreografen, Regisseure, Musikjournalisten und -kritiker oder erfahrene Größen der Branche. Mindestens zwei von ihnen sollen zwischen 18 und 25 Jahre alt sein. Sie müssen schriftlich bestätigen, dass sie unabhängig und unparteiisch abstimmen. Die Stimmen der Jury sollen, wie im Finale, grob genauso viel zählen wie die Zuschauerstimmen.

Zudem wurde die Zahl der Stimmen reduziert, die Zuschauer abgeben können. So können pro Bezahlmethode - online, per SMS oder Telefonanruf - maximal zehn Stimmen abgegeben werden. Fans sollten "aktiv" dazu ermutigt werden, "ihre Unterstützung auf mehrere Beiträge zu verteilen". Sicherheitsmaßnahmen gegen Betrugsversuche oder Absprachen bei der Abstimmung sollen verstärkt werden.

"Diese Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass der Fokus dort bleibt, wo er hingehört – auf Musik, Kreativität und Verbundenheit", erklärte ESC-Direktor Martin Green. Die Debatte um die Teilnahme Israels hatte zu einer beispiellosen Zerreißprobe unter den Teilnehmerländern geführt. 

Der ESC soll im kommenden Jahr zum 70. Mal stattfinden. Das Finale ist für den 16. Mai in Wien geplant. Österreich ist Gastgeber, weil in diesem Jahr in Basel der österreichische Countertenor JJ das ESC-Finale gewinnen konnte.

smb/ran

AFP

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