Die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes zur Abfrage von Telekommunikationsdaten sind teilweise verfassungswidrig. Wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied, müssen die Bestimmungen, die den Sicherheitsbehörden den Zugriff auf Telekommunikationsdaten erlauben, teilweise konkretisiert werden. Grundsätzlich ist die Speicherung der Daten zur Strafverfolgung aber erlaubt.
Laut Gesetz müssen Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen bestimmte Daten speichern. Dazu gehören etwa Rufnummer, Gerätenummer, Name und Anschrift des Kunden. Diese Daten können die Strafverfolgungsbehörden automatisiert und ohne Kenntnis des Anbieters abrufen. Auf konkrete Anfrage müssen die Anbieter zudem auch Pin-Nummern oder Passwörter von Geräten und Anschlüssen herausgeben. Die Beschwerdeführer sahen dadurch ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.
Wie nun das Bundesverfassungsgericht entschied, bestehen zunächst gegen die Datenspeicherung selbst keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Grundgesetz schütze nur die Vertraulichkeit der Inhalte der Telekommunikation, nicht aber deren technische Umstände. Der Eingriff in die Grundrechte sei daher gering und im Interesse einer erfolgreichen Strafverfolgung gerechtfertigt.
Nach dem Karlsruher Beschluss muss der Gesetzgeber aber die Voraussetzungen, unter denen die Polizei auf die Daten zugreifen kann, bis Mitte nächsten Jahres neu definieren. So dürfe die Abfrage von Pin-Nummern und Passwörtern nur zulässig sein, wenn dies im Einzelfall für die Strafermittlungen erforderlich ist.
Als erheblichen Eingriff in die Vertraulichkeit wertete das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung des Nutzers zu einer sogenannten dynamischen IP-Adresse. Dies ist die vorübergehende "Adresse" eines meist privaten Computers. Mit ihr lässt sich aber auch nachverfolgen, welche Internetseiten der Nutzer besucht hat.
Die Abfrage dient überwiegend der Verfolgung illegaler Musik-Downloads und anderer Urheberrechtsverletzungen. Nach dem Karlsruher Beschluss ist die Abfrage dieser IP-Adressen vorübergehend nicht mehr zulässig, bis der Gesetzgeber die entsprechenden Regelungen konkreter gefasst hat.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßten die Karlsruher Entscheidung. Leutheusser-Schnarrenberger forderte "grundrechtliche Sensibilität im Umgang mit Telekommunikationsdaten". Die Unionsfraktion im Bundestag sprach sich dafür aus, die nun notwendigen Änderungen zügig anzugehen. Schließlich gehe es um "zentrale Ermittlungsinstrumente der Sicherheitsbehörden", erklärte der innenpolitische Sprecher Hans-Peter Uhl.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, begrüßte, dass das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung des Datenzugriffs für die Strafverfolgung anerkannt habe. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnte vor einer Beschränkung der Ermittlungsmöglichkeiten. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" forderte ihr Vorsitzende Rainer Wendt die Ermittler auf, bis zur Neuregelung die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen.
Wolfgang Neskovic von der Linkspartei warf dem Bundesverfassungsgericht "rechtsstaatliche Ermüdungserscheinungen" vor. Nach Überzeugung der Linken sei das Gesetz insgesamt verfassungswidrig.