Tod auf Wanderung "Helft uns! Kein Wasser" – verzweifelter letzter Hilferuf einer Familie entdeckt

Jonathan Gerrish, 45 und seine Frau Ellen Chung, 31, mit ihrem Baby
Die Familie war erst vor Kurzem in die ländliche Gegend gezogen.
© Polizei Handout / Commons
Der Tod der Gerrish-Familie auf einer Wanderung war zunächst ein Rätsel. Eine letzte SMS und die GPS-Daten des Handys zeigen nun den vergeblichen Versuch der Eltern, ihr Baby auf dem glühend heißen Trail zu retten.

Jonathan Gerrish, 45, und seine Frau Ellen Chung, 31, wollten im letzten August mit ihrer Tochter und dem Familienhund eine Wanderung absolvieren. Der Trail in Nordkalifornien war zwar mehr als ein Spaziergang, aber das durchtrainierte Paar traute sich, die etwa 15 Kilometer lange Strecke entlang des Merced Rivers durchaus zu. Jonathan Gerrish war die Strecke bereits ein paar Jahre zuvor gegangen.

Keiner von ihnen sollte es dieses Mal zurück zum Auto schaffen, weniger als drei Kilometer vom Parkplatz entfernt wurden ihre Leichen gefunden. Nun hat das Sheriff Department von Mariposa County die letzte Nachricht vom Handy des Ehemanns veröffentlicht. In einer SMS kurz vor Mittag schrieb er: "Kannst du uns helfen. Auf dem Savage-Lundy-Trail auf dem Weg zurück zum Hites-Cove-Trail. Kein Wasser und Überhitzung mit dem Baby." Wegen des schlechten Empfangs in der Gegend kam die Nachricht nicht durch, so wie auch mehrere Anrufversuche kurz zuvor erfolglos blieben.

Sorglose Wanderung

Das Büro des Sheriffs fand auf dem Handy mehrere Bilder die Familie von der Wanderung, darunter zwei "Familienfotos im Selfie-Stil". Auf den Fotos deutet nichts auf die spätere Tragödie hin. Für die Ermittler war der Fall zunächst unerklärlich. Mehr als 30 Strafverfolgungsbehörden waren an der Aufklärung beteiligt. Alle möglichen Ursachen wie Mord, Blitzschlag, Vergiftung durch algenverseuchtes Wasser, Gase, die aus verlassenen Minen strömen könnten, Drogen und selbst Selbstmord wurden überprüft und schließlich ausgeschlossen. Die Ratlosigkeit war so groß, dass mehrere Wanderwege im Sierra National Forest wegen "unbekannter Gefahren" gesperrt wurden.

Aus den Daten des Handy konnten Orten und Zeiten der Tragödie bestimmt werden.
Aus den Daten des Handy konnten Orten und Zeiten der Tragödie bestimmt werden.
© Mariposa County Sheriff's Office / PR

Tatsächlich starb die ganze Familie an der Hitze, wie die SMS nun auch bestätigt. Die Temperaturen erreichten an dem Tag über 40 Grad. Doch der Messwert sagt wenig über die tatsächliche Hitze aus, die die Familie erdulden musste. Der Hang, den sie vom Fluss aus erklimmen wollte, war schutzlos der Sonne ausgesetzt. 2018 hatte ein Waldbrand alle schattenspendenden Bäume vernichtet. Entsprechend aufgeheizt war der Grund. Für die überschaubare Tour hatte die Gruppe nur 2,5 Liter Wasser mitgenommen. Bei den Toten wurde die leere Flasche gefunden. Notwendig wäre mehr als das Doppelte.

In den heißen Sommermonaten meiden Einheimische den Weg. Forstarbeiter verschieben den Aufstieg auf den frühen Abend, wenn die Sonne den Hang nicht mehr erreicht. Das Paar hingegen absolvierte gemächlichen Abstieg am kühlen Morgen, der schwere Aufstieg musste in der Mittagszeit bewältigt werden. Wären sie anders gegangen, hätten sie keine Probleme gehabt. Das Paar war zwar sportlich, aber gerade erst in die Gegend gezogen. "Stadtmenschen", wie Nachbarn sagten, die ihr Kaminholz im Supermarkt kauften, anstatt es selbst zu spalten.

Schnelle Entwicklung

Ein Survival-Experte schrieb an die Ermittler, dass das junge Paar wahrscheinlich bei dem Versuch starb, die Tochter zu retten. "Es ist traurig, doch ich nehme an, dass sie unvorbereitet waren. Als sie ihre Situation erkannten, starben sie bei dem Versuch, ihr Kind und sich gegenseitig zu retten."

Er nimmt an, dass das Kind zuerst schwere Probleme wegen der Hitze bekam und die Eltern dann trotz schwindender Kräfte versuchten, schnell den glühenden Hang hinaufzukommen und sich schnell restlos verausgabten. "Als einer von ihnen nicht mehr weitergehen konnte, blieb die Frau zurück, um sich um das Kind und das Haustier zu kümmern, während der Mann versuchte, weiterzugehen und Hilfe für seine Lieben zu holen. Das ist eine Tragödie ersten Ranges".

Panik der Eltern

Das Ganze ging ganz schnell, kurz nach  12.00 Uhr rief das Paar vergeblich um Hilfe, etwa 2,5 Kilometer weiter brachen sie zusammen. In ihrer Panik fällten die Eltern die falsche Entscheidung. Hätten sie "aufgegeben" und die Hitze des Tages in der Nähe des Flusses abgewartet, wären ihre Chancen besser gewesen. Bei der Überhitzung kommt es zu Schwindel, bevor Teile des Gehirns und dann weitere Organe ausfallen. Diese Desorientierung in den letzten Minuten gab den Ermittlern Rätsel auf. Jonathan Gerrish hatte vor seinem endgültigen Zusammenbruch Gegenstände wie den Autoschlüssel auf dem Weg verloren, seine sterbende Frau kroch den steilen Hang noch drei Meter hinauf, bevor sie liegen blieb.

"Die Ergebnisse der Handydaten waren das Letzte, worauf sowohl die Familie als auch die Ermittler gewartet haben", sagte Sheriff Jeremy Briese. "Die gewonnenen Informationen bestätigen unsere ersten Erkenntnisse. Ich bin sehr stolz auf mein Team und unsere Partneragenturen für ihre Arbeit, die sie geleistet haben. Ihr Engagement hat es uns ermöglicht, diesen Fall abzuschließen und die noch offenen Fragen der Familie zu beantworten, was ihr ein wenig Frieden gebracht hat."

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