Norwegen Verletzter Wanderer überlebte, indem er seinen eigenen Urin trank

Folgefonna-Nationalpark in Norwegen
Der Folgefonna-Nationalpark lockt Wanderer mit dem gleichnamigen Gletscher, dem drittgrößten in Norwegen
© Nick Brundle Photography / Getty Images
Ein kaputter Schuh, Verletzungen nach einem Sturz – in Norwegen fand sich ein Wanderer in einer misslichen Situation wieder. Die Rettung kam erst nach sechs Tagen.

Alles begann, wie Alec Luhn selbst sagt, "mit ein paar schlechten Entscheidungen". Der US-Amerikaner und seine Frau Veronika Silchenko machten Urlaub in Norwegen, unweit des Folgefonna-Nationalparks, Heimat des gleichnamigen Gletschers. Seine Frau reiste zurück nach England, wo das Paar lebt. Luhn blieb noch, um auf den Gletscher hinaufzuwandern. Ein Unterfangen, das ihn beinahe das Leben kosten sollte.

Sechs Tage lang fehlte jede Spur von dem Journalisten, der sich vor allem mit Klimathemen befasst. Als Luhn seinen gebuchten Rückflug verpasste, alarmierte seine Frau die norwegischen Behörden. Tagelang wurde nach dem 38-Jährigen gesucht, bevor die Besatzung eines Helikopters ihn im Nationalpark lebend entdeckte. Luhn wurde mit mehreren Brüchen ins Krankenhaus geflogen, befand sich abgesehen davon aber in guter Verfassung.

"Ich bin dankbar, dass ich am Leben bin", sagte Luhn in der US-Sendung "Good Morning America". "Es ist ein Wunder", freute sich seine Frau unmittelbar nach seiner Rettung im Gespräch mit dem US-Sender CBS. "Es ist der beste Tag meines Lebens." Luhn sei ernsthaft, aber nicht lebensgefährlich verletzt, teilten die norwegischen Behörden mit. Wegen Erfrierungen an den Füßen musste er dennoch zwei Wochen im Krankenhaus verbringen.

Wanderer in Norwegen stürzte und zog sich mehrere Brüche zu

Der "New York Times" berichtete der Journalist von Problemen mit seinen Schuhen und einem Sturz. Schon früh auf seiner Wanderung hätte sich die Sohle seines linken Schuhs gelöst. Statt umzukehren befestigte Luhn sie notdürftig mit Tape. Auch als es dunkel wurde, wanderte er immer weiter. "Eine weitere schlechte Entscheidung", wie er im Nachhinein feststellt.

Im steilen Gelände stürzte Luhn und fiel einen Abhang hinab. "Ich drehte mich wie in einem Flipperautomaten und prallte immer wieder ab, während ich den Berg hinunterrutschte", berichtete er der "New York Times". Dabei zog er sich einige schwerwiegende Verletzungen zu: Luhn brach sich den Oberschenkelknochen, das Becken und mehrere Wirbel. Zudem prallte er mit dem Kopf auf und war wohl einige Zeit bewusstlos.

Kein Wasser, kein Handy

Nun befand sich der erfahrene Wanderer in einer ausgesprochen schwierigen Lage: Wegen seiner Verletzungen konnte er sich kaum bewegen, sein Handy und seine Wasserflasche hatte er beim Sturz verloren. Und vor seinem Rückflugtermin drei Tage später erwartete niemand ein Lebenszeichen von ihm. Ihm sei klar gewesen: "Es muss sehr viel gut laufen, damit ich überlebe."

Als größtes Problem stellte sich der Wassermangel heraus. Mit seinem völlig ausgetrockneten Mund bekam Luhn die Müsliriegel, die er noch bei sich hatte, nicht hinunter. In seiner Not fing er seinen eigenen Urin in einem leeren Wasserbeutel auf und trank ihn. Eine Maßnahme, die ihm am Ende wohl das Leben rettete. Nachdem es geregnet hatte, trank er zudem das Regenwasser, um etwas Flüssigkeit aufnehmen zu können.

Im Regen und bei niedrigen Temperaturen hielt Luhn so lange durch, bis nach dem Hinweis seiner Frau das Norwegische Rote Kreuz mit den Dutzenden Helfern die Suche aufnahm. Mehrere Male hörte er einen Hubschrauber über sich, doch die Besatzung fand ihn nicht. Den erlösenden Augenblick beschreibt Luhn so: "Endlich öffnete sich die Seitentür, und jemand winkte mir zu. In dem Moment wusste ich, dass ich es schaffen würde."

Die Geschichte seines knappen Überlebens kann – so hofft der Journalist – andere Menschen vor vergleichbaren Notlagen bewahren. 

epp

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