Auch mehr als zwei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal liegt noch immer Müll und Schutt an manchen Stellen, die Mitte Juli 2021 von den Wassermassen überschwemmt wurden. Müllsammelaktionen sind dort nichts Ungewöhnliches.
Unerwartet war jedoch der grausige und bedrückende Fund, den eine Gruppe von etwa 20 Müllsammlern aus ganz Deutschland am vergangenen Sonntag machte, wie unter anderem der SWR berichtet: Die freiwilligen Helfer fanden Knochen, die möglicherweise menschlichen Ursprungs sind.
Unterwegs waren die Helferinnen und Helfer bei einer Aufräumaktion in einem Gebiet, das laut Polizei als schwer zugänglich und unwegsam gilt und seinerzeit in der Flutnacht überspült worden war. Dort, neben der Ahr-Mündung Remagen-Kripp, stießen die Freiwilligen am Morgen zunächst auf einen Kieferknochen mit Zähnen, meldet der SWR.
Bei diesem einen Knochen blieb es nicht. Der Organisator der Müllsammelaktion sagte dem "General Anzeiger" aus Bonn, dass nach und nach "ein nahezu komplettes menschliches Skelett" zutage gefördert worden sei. Laut SWR waren an den Knochen teils Kleidungsreste. Die Müllsammler hätten die Polizei verständigt und die Knochen übergeben. Die ganze Situation sei sehr bedrückend für die Gruppe gewesen.
Spezialkräfte und Leichenspürhund an der Fundstelle im Ahrtal im Einsatz
Am Montag untersuchten dann Spezialkräfte der Polizei den Fundort der Knochenteile, wie die Polizei und lokale Medien berichten. In einem etwa ein mal zwei Meter tiefen Loch, das die Beamten an der Stelle gegraben hätten, seien weitere Überreste gefunden worden, darunter wohl auch ein menschlicher Halswirbel, meldete der SWR. Auch ein Leichenspürhund war demnach im Einsatz.
Die Entdeckung befeuert aktuell Vermutungen über die beiden letzten Vermissten der Flutkatastrophe, bei der im Ahrtal in der Nacht vom 14. auf den 15 Juli mindestens 135 Menschen starben. Das Schicksal zweier Männer ist noch immer ungeklärt. Ein 22-Jähriger war in diesem Sommer offiziell für tot erklärt worden. Sein Leichnam wurde nie gefunden. Ungeklärt ist bis heute auch, was mit einem 60-Jährigen geschah, der weiter als vermisst gilt.
Laut Polizei befinden sich die gefundenen Knochen jetzt in der Rechtsmedizin in Mainz. Dort soll festgestellt werden, ob es wirklich menschliche Überreste sind. Per DNA-Abgleich solle dann bestimmt werden, ob die Knochen einer bestimmten Person zuzuordnen sind. Vermutungen, wonach es sich um eines der noch vermissten Flutopfer handelt, "können derzeit weder bestätigt noch dementiert werden", teilte die Polizei mit. Die Ermittlungen in dem Fall habe die Kriminalinspektion Mayen übernommen.
Für die Angehörigen wäre die Gewissheit vermutlich ein Abschluss nach einer so langen Zeit. Der SWR wies in einem TV-Bericht jedoch darauf hin, dass es auch eine andere Erklärung für den Knochenfund geben könnte: Denn damals seien auch Friedhöfe überspült und Gräber zerstört worden. Es sei also nicht ausgeschlossen, dass man hier die Knochen eines Menschen gefunden habe, der bereits länger tot sei.
Allerdings hätten sich die Skelett-Teile inmitten von Schutt befunden, der sehr wahrscheinlich von der Flutkatastrophe stammt. Die Erwartung, dass jetzt eines der letzten Schicksale von Opfern der Ahrtal-Katastrophe geklärt werden kann, ist also nicht ganz unwahrscheinlich.
Quellen: SWR aktuell, Polizeipräsidium Koblenz, "General Anzeiger", "Bild.de"
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