Der Journalist Boris Reitschuster betreibt einen gleichnamigen Blog, auf dem er sich vor allem mit der Corona-Politik der Regierung beschäftigt. Dort ist er für seine sehr kritischen Töne bekannt, auch den "etablierten Medien" gegenüber, denen er vorwirft, kritische Stimmen zu wenig zu Wort kommen zu lassen. Als er nun – so berichtet es Reitschuster bei Twitter – postalisch darüber informiert wurde, nicht mehr an der Bundespressekonferenz (BPK) teilnehmen zu dürfen, witterte er eine Verschwörung gegen sich.
Der etablierte Verein von rund 900 Parlamentskorrespondenten veranstaltet regelmäßig Pressekonferenzen mit wichtigen Personen aus Politik, Wirtschaft und Kultur. "Beginnt jetzt die "Säuberung", ohne rote Linien?", will Reitschuster wissen – und spielt damit auf die Worte von Bundeskanzler Olaf Scholz zur Pandemiebekämpfung an.
Doch mit seiner Corona-Kritik hatte das Schreiben der BPK wohl gar nichts zu tun. Vielmehr geht es um Reitschusters Mitgliedschaft, genauer gesagt um seinen Wohnsitz. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet.
Boris Reitschuster und sein Wohnsitz in Montenegro
Am 17. Dezember wurde Reitschusters Mitgliedschaft überprüft, heißt es in einer Erklärung des BPK-Mitgliedsausschusses, wie die "SZ" berichtet. Dabei sei der Frage nachgegangen worden, ob dieser noch Journalist eines deutschen Mediums ist. Denn laut der Satzung der BPK darf nur Mitglied sein, wer hauptberuflich für deutsche Medien aus Berlin oder Bonn über Bundespolitik berichtet. Dies werde routinemäßig kontrolliert.
Im Fall Reitschuster sorgt das Impressum seiner Website für Irritationen. "Schon im Spätsommer hatte sich dort der Firmensitz von Berlin nach Montenegro verändert", heißt es in der Erklärung. "Nach kurzer Rückkehr zu einer Berliner Adresse lautete die Impressumsangabe seit einigen Wochen erneut Montenegro."
Reitschuster sei mehrfach aufgefordert worden, darzulegen, was es mit dieser Angabe auf sich habe, schreibt die BPK laut der "SZ". Jörg Blank, Vorsitzender des Mitgliedsausschusses, schließt demnach mit den Worten: "Herr Reitschuster hat in seinen Erklärungen nicht glaubhaft aufklären können, wie es sich mit der Impressumsangabe verhält. Dem Mitgliedsausschuss blieb keine andere Möglichkeit, als festzustellen, dass die Mitgliedschaftsvoraussetzungen nicht mehr zutreffen."
Reitschuster nicht von heute auf morgen raus
Boris Reitschuster ist damit jedoch nicht automatisch aus der Bundespressekonferenz ausgeschlossen. Sollte er in den nächsten 30 Tagen Einspruch einlegen, darf er laut Satzung weiterhin Pressekonferenzen teilnehmen. Bei vielen seiner Social-Media-Follower ist die Aufregung im Netz dennoch groß. Seine Fans sehen ihn als einen der letzten unabhängigen Journalisten, dessen Akkreditierung nun auf der Kippe steht.
Reitschuster arbeitete viele Jahre als Korrespondent für den "Focus" in Moskau und schrieb mehrere Bücher über Russland. Im Dezember 2019 startete er seinen gleichnamigen Blog, in dem er seit dem Beginn der Corona-Pandemie kritisch die Maßnahmen der Bundesregierung auseinandernimmt. Dabei arbeitet er oft mit polemischen Fragen und Andeutungen und behauptet, Informationen zu verbreiten, die von etablierten Medien angeblich unterdrückt werden.
"Reitschuster.de" erfülle "grundlegende Anforderungen an Glaubwürdigkeit und Transparenz" nicht, bemängelte das Portal "Newsguard". Besonders viel Zuspruch und Sympathie bekommt der Journalist dafür aus der sogenannten Querdenker-Szene.