Ein paar Konserven, eine Taschenlampe mit genügend Batterien und die ein oder andere Flasche Wasser mehr im Haushalt: Vorräte anzulegen, ist sicherlich keine schlechte Idee – es könnte ja immer mal etwas sein. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät dazu, die Vorratskammer nicht leerstehen zu lassen.
Mit dem sogenannten "Prepping" hat dies allerdings wenig zu tun. Das Phänomen beschreibt eine Bewegung von Menschen, die sich aktiv auf den Zusammenbruch der Zivilisation vorbereiten und deshalb große Mengen an Lebensmitteln und teilweise sogar Schutzräume anlegen, um eine "Apokalypse" zu überstehen.
Angst vor dem Weltuntergang: Prepping ist auch bei den Reichsten der Reichen angekommen
Doch nicht nur manche Otto-Normalverbraucher fürchten den Weltuntergang und bereiten sich deshalb entsprechend vor. Prepping ist mittlerweile auch bei den Reichsten der Reichen angekommen. Ein paar Dosen-Ravioli und einen Kanister Wasser in den Keller zu stellen, reicht ihnen aber natürlich nicht. Tech-Milliardäre und andere extrem Wohlhabende wenden teils wahnwitzigen Aufwand und dementsprechend auch absurd hohe Summen auf, um einen Exit-Plan zu haben, sollte es tatsächlich einmal zum Systemzusammenbruch kommen.
Wie sich die reichsten Menschen der Welt auf den "Tag X" vorbereiten
Douglas Rushkoff ist US-amerikanischer Autor, Journalist und Dozent. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den Auswirkungen und Gefahren der Digitalisierung und war Mitbegründer der "Cyberpunk"-Bewegung. Er selbst sieht sich als "Humanist und marxistischer Medientheoretiker".
Rushkoff hat dem Prepping der Superreichen ein ganzes Buch gewidmet. In "Survival of the Richest" (dt.: Überleben der Reichsten) hat er einige verrückt anmutende Beispiele gesammelt, wie sich die reichsten Menschen der Welt auf den "Tag X" vorbereiten.
Dabei zeichnet Rushkoff ein dunkles Bild der Superreichen. Der Autor sei 2017 in ein "High-End-Resort" eingeladen worden. Doch statt einen Vortrag über Digitalisierung zu halten, worauf er sich eingestellt habe, habe er mit fünf Männern aus der Tech- und Investmentbranche zusammen gesessen – mindestens zwei davon seien Milliardäre gewesen. Sie hatten Fragen an Rushkoff. Fragen, wie man eine bevorstehende Apokalypse überleben könnte, die sie nur das "Event" nannten. Was genau einen Zusammenbruch der Zivilisation auslösen würde, war dabei nebensächlich. Egal ob die Auswirkungen des Klimawandels, eine tödliche, weltweite Pandemie, ein Weltkrieg oder ein Nuklearunfall – die Männer wollten auf alles vorbereitet sein.
Superreiche fühlten sich nicht wie "Masters of the Universe" – sie hatten Angst
Dabei sei auffällig gewesen, dass sich die Superreichen nicht etwa wie die "Masters of the Universe" gefühlt hätten, sie hätten Angst davor gehabt, bei einem sozialen Zusammenbruch gefasst und für die Entwicklung verantwortlich gemacht zu werden, so Rushkoff.
Dabei hätten sie gefragt, ob es sinnvoller sei, einen Bunker in Neuseeland oder Alaska zu bauen, ob ihre Sicherheitsleute einen Mob vom Bunker fernhalten könnten, oder ob eine Roboter-Armee nicht sinnvoller wäre? Einer der Anwesenden habe bereits ein Dutzend ehemalige Navy Seals angestellt, um ihn zu beschützen.
Der Einwand Rushkoffs, es sei sinnvoller, statt sich einzuigeln, schon jetzt große Summen in solidarische Projekte zu investieren, die den sozialen Zusammenhalt stärken und mit Hilfe derer man als Kollektiv langfristige Probleme besser lösen könne, erntete nur ein Augenrollen.

Vielmehr habe die Männer interessiert, wie lange man es in einem Bunker aushalten müsse und wie eine autarke Versorgung mit Wasser und Luft möglich sei, sollte die Umwelt verseucht oder verschmutzt sein. Typische Fragen für Prepper.
"Die Flucht vor dem Rest von uns"
Für Rushkoff war die Intention der Männer, sich auf einen "Tag X" vorzubereiten allerdings das Erschreckendere, wie er schreibt:
"In Anlehnung an den Tesla-Gründer Elon Musk, der den Mars kolonisieren will, Peter Thiel von Palantir, der den Alterungsprozess umkehren will, oder die Entwickler künstlicher Intelligenz Sam Altman und Ray Kurzweil, die ihre Gedanken in Supercomputer hochladen wollen, bereiteten sie sich auf eine digitale Zukunft vor, die weniger damit zu tun hat, die Welt zu verbessern, als vielmehr damit, das Menschsein insgesamt zu überwinden."
Ihr extremer Reichtum und ihre Privilegien führten dazu, dass sie besessen davon seien, sich vor sehr reellen Gefahren wie dem Klimawandel oder einer globalen Pandemie zu schützen. "Für sie geht es bei der Zukunft der Technologie nur um eines: die Flucht vor dem Rest von uns", so Rushkoff in seinem Buch weiter.
Genau das sei der Unterschied zu den "normalen" Menschen, die sich Vorräte anlegen oder selbst Schutzräume bauen. Die Reichsten der Reichen würden wesentlich langfristiger denken, so Rushkoff. So gehe es ihnen darum, nach einem Zusammenbruch der sozialen Ordnung auch über einen unbegrenzten Zeitraum autonom leben zu können.
Vor diesem Hintergrund wirkten ihre Visionen und Projekte der vergangenen Jahre plötzlich anders, so Rushkoff. Elon Musks Plan etwa, eine Kolonie auf dem Mars zu gründen, wirkte auf den ersten Blick innovativ und beeindruckend – im Falle einer Apokalypse wäre eine solche Kolonie ein Notausgang, um weiter zu leben – die Milliardäre würden gewinnen. Oder?
Rushkoff sieht das anders. Die Superreichen hätten unvorstellbar viel Geld verdient. Das würde aber nicht bedeuten, dass sie das "ökonomische Spiel" gewonnen hätten, so der Autor. Viel mehr seien sie Opfer seiner "perversen und begrenzten Regeln." Ihr "Silicon-Valley-Mindset" habe sie dazu gebracht, zu denken, sie könnten immer gewinnen und dabei auch physikalische, wirtschaftliche und moralische Gesetze außer Kraft setzen.
Doch anstatt aktiv etwas gegen einen möglichen Niedergang der Zivilisation zu tun, seien die Exit-Strategien der Superreichen letztlich nur eine Selbstvergewisserung, dass man die Apokalypse wirklich überleben und sich damit über alle anderen Menschen stellen könnte.