CIA "Ein spanischer Gazastreifen"

Die CIA hat einen "Konfliktherd" in der Grenzregion zwischen Spanien und Portugal entdeckt. In einer Auflistung des Geheimdienstes wird das Städchen Olivenza als potentielles Streitobjekt genannt. Der Bürgermeister ist empört.

Ein Grenzstreit zwischen Staaten der Europäischen Union? So etwas mag in Zeiten eines Europas der offenen Grenzen als ein Ding der Unmöglichkeit erscheinen. Der amerikanische Geheimdienst CIA hat nun aber doch einen potenziellen Konfliktherd ausfindig gemacht - und zwar zwischen den EU-Staaten Spanien und Portugal. "Portugal hat von Zeit zu Zeit seine Ansprüche auf die Gebiete um die Stadt Olivenza in Spanien bekräftigt", heißt es im "World Factbook" des CIA.

"Das ist ein unverzeihlicher Fehler"

Das CIA-Handbuch enthält neben allgemeinen Daten über die Staaten in aller Welt auch eine Auflistung der Konfliktherde. Dass der amerikanische Geheimdienst das abgelegene Provinznest Olivenza in diese Liste aufnahm, stieß in Spanien auf Unglauben und Protest. "Das ist ein unverzeihlicher Fehler", erboste sich Olivenzas Bürgermeister Ramón Rocha. "Wenn die CIA bei so einfachen Dingen falsch liegt, wie will man ihr da noch trauen?".

Die Zeitung "La Razón" protestierte: "Die CIA stellt Olivenza auf eine Stufe mit Kaschmir und dem Gaza-Streifen." Für den örtlichen Polizeichef Eduardo Elvira ist die Nennung der Stadt in der Liste der Konfliktherde schlichtweg ein "Witz". "Ich habe hier bei uns noch keine Terroristen aus Portugal gesehen", höhnt er.

Eine verschlafene Kleinstadt

Das Städtchen im Südwesten Spaniens mit seinen 10 000 Einwohnern und den weiß getünchten Häusern hat in der Tat mit den großen Konfliktherden der Welt nichts gemein. Olivenza ist eine friedliche, beinahe verschlafene Kleinstadt in der Region Extremadura, einer der ärmsten in Spanien. Die meisten Bewohner wissen nicht einmal etwas von portugiesischen Ansprüchen. In den Straßen hört man kein Portugiesisch. Nur die alten Bauwerke wie der herzogliche Palast - das heutige Rathaus - oder die Festungsanlagen erinnern daran, dass die Stadt gut 500 Jahre lang zu Portugal gehört hatte.

Olivenza (portugiesisch: Olivença) und die umliegenden Dörfer waren im Jahr 1297 in einem Abkommen zwischen den Königreichen Portugal und Kastilien den Portugiesen zugesprochen worden. Die Spanier betrachteten dies später als einen Fehler. Das Landstück - mit 750 Quadratkilometer flächenmäßig so groß wie die Hansestadt Hamburg - liegt nämlich auf der spanischen Seite des Grenzflusses Guadiana.

Neuordnung Europas

1801 eroberten die Spanier das Gebiet und ließen sich die Annexion im Vertrag von Badajoz bestätigen. Der Wiener Kongress (1814/15), der die Neuordnung Europas nach den Napoleonischen Kriegen festlegte, entschied dann aber, dass die Spanier Olivenza den Portugiesen zurückgeben sollten. Dies ist bis heute nicht geschehen. Madrid interpretierte die entsprechende Passage in der Schlusserklärung des Wiener Kongresses als eine unverbindliche Empfehlung.

Die Portugiesen gaben dagegen ihre Ansprüche offiziell nie auf. Auf ihren Militärkarten ist in dem Gebiet kein Grenzverlauf eingezeichnet. Allerdings erinnert Lissabon nach Möglichkeit auch nicht daran. Die guten Beziehungen zum großen Nachbarn sind ihm wichtiger. "Das Thema ist eingefroren", sagt Portugals Außenminister António Martins da Cruz. "Es steht bei uns nicht auf der politischen Tagesordnung."

DPA
Hubert Kahl

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