Doppelmordprozess Tickende Zeitbomben

Eiskalt töteten sie Tom. Hemmungslos missbrauchten sie Sonja. Lewendel und Wirtz waren wie tickende Zeitbomben: Im Leben kamen sie nicht zurecht. Von ihrer Fantasie, Kindern Gewalt anzutun, bis zur Tat, war es offenbar nur ein kleiner Schritt.

Markus Lewendel und Markus Wirtz waren wie tickende Zeitbomben: Im Leben kamen sie nicht zurecht. Sie flüchteten in brutale Fantasien, in denen sie Kindern entsetzliche Gewalt antaten. Sie spielten es gedanklich durch - immer wieder, mit neuen schrecklichen Ideen. Von der Fantasie zur Tat war es an jenem letzten Wochenende im März offensichtlich nur ein kleiner Schritt. Diesen Eindruck vermittelte der 28-jährige Wirtz am Donnerstag im Aachener Doppelmordprozess bei seinem Geständnis: Eiskalt töteten sie den elfjährigen Tom. Hemmungslos missbrauchten sie die gefesselte neunjährige Sonja. Ihren leblosen Körper ließen sie auf einem matschigen Waldweg in der Eifel liegen.

Markus Wirtz weinte viel, als er am zweiten Verhandlungstag aussagte. Mit jammernder Stimme erzählte er von einer lieblosen Kindheit, wie er von Mitschülern verprügelt und gemobbt wurde. Er bekam keine Anerkennung im Beruf, zu Frauen hat er bis heute keine intime Beziehung gehabt. Nur mit Mädchen kam er zurecht.

"Lewendel sagt, wo es lang geht"

Er lernte den fünf Jahre älteren Markus Lewendel kennen, der ganz anders ist als er: "Lewendel sagt, wo es lang geht. Er setzt energisch seinen Willen durch, geht mit dem Kopf durch die Wand", sagte Wirtz. Aber auch Lewendel steckt voller Probleme: Mit den Arbeitgebern habe es Schwierigkeiten gegeben, intime Beziehungen habe er nur zu Prostituierten gehabt und die Schulden drückten, sagte Lewendel selbst vor Gericht aus.

Die beiden wurden laut Wirtz Freunde und ergötzten sich in seiner Wohnung an Kinderpornografie im Internet. Wirtz tat das im letzten halben Jahr vor der Tat nach eigenen Angaben fast täglich: "Ich tauchte in Fantasien ab, in denen ich die Kränkungen, die ich tagtäglich erlebte, heimzahlte", sagte er vor Gericht. Mit Lewendel habe er Fantasien ausgetauscht - abartige Grausamkeiten an Kindern.

Ein halbes Jahr vor den Morden sollen die beiden Männer begonnen haben, bei Autofahrten nach Mädchen Ausschau zu halten. Später seien sie jeden Tag unterwegs gewesen, erzählte Lewendel. An jenem Märzwochenende kam es zum Äußersten: Tom und Sonja wurden unter grausamen Umständen ermordet.

Der Junge kämpfte um sein Leben

Tom war an Händen und Füßen gefesselt und hatte verbundene Augen, als Wirtz ihn aus dem Kofferraum seines Autos heben wollte. Der Junge trat um sich und dabei seinem Peiniger ins Gesicht. Beide fielen auf den Waldboden des Parkplatzes. Der Junge kämpfte um sein Leben. Weil er seinem Opfer nicht ins Gesicht gucken konnte, griff Wirtz nach eigener Schilderung eine umherfliegende Plastiktüte, zog sie über dessen Kopf und erwürgte den Jungen. "Ich habe aufgehört, als er sich nicht mehr gewehrt hat. Es war still."

In den Wohnungen der Männer wurde Sonja abwechselnd von den Männern missbraucht. Dann starb auch sie einen Tag später im Todeskampf. Als Lewendel ihr eine Tüte über den Kopf gestülpt und eine Paketschnur um den Hals gelegt habe, habe das Mädchen gesagt: "Ich kriege keine Luft", schilderte Wirtz. Lewendel habe geantwortet: "Das ist auch Sinn der Sache." Das Mädchen habe sich so gewehrt, dass Wirtz seinem Freund helfen musste und mit beiden Händen zudrückte, bis der Körper reglos dalag.

DPA
Elke Silberer

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