US-Präsident George W. Bush ist wieder zurück in Washington, und mittlerweile weiß er auch, was daheim von seinem Auftritt in St. Petersburg am stärksten haften geblieben ist. Nichts aus irgendeiner der politischen Gipfelerklärungen oder höflichen Floskeln bei Zweierbegegnungen mit Top-Kollegen am Rande des G-8-Treffens. Es ist das Wort Shit, zu Deutsch Scheiße, also jenes Wort, das angesichts amerikanischer Prüderie im US-Fernsehen fast immer durch einen Piepton ersetzt wird, wenn es fällt.
Bei Bush piepte es nicht, als er während des Mittagessens zum Gipfelabschluss zum Konflikt zwischen Israel und dem Libanon anmerkte, man müsse Syrien dazu bringen, auf die Hisbollah einzuwirken, den "Scheiß" zu beenden. Ahnungslos, dass ein Mikrofon eingeschaltet war, ließ sich der Präsident auch über zu langatmige Politiker-Kollegen aus, kritisierte UN-Generalsekretär Kofi Annan, zeigte deutlich, dass es Zeit sei, wieder nach Hause zu kommen und scherzte über jenen Pullover, den ihm sein britischer Busenfreund Tony Blair zum jüngsten 60. Geburtstag geschenkt hatte.
Nicht der erste Mikrofon-Patzer von Bush
Volle vier Minuten dieses nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Gipfel-Smalltalks wurden den Amerikanern im Fernsehen und Radio immer wieder vorgespielt, während Bush auf dem Weg nach Washington erst mit den Augen rollte, als ihm sein Sprecher Tony Snow eine Abschrift seiner Äußerungen zeigte und dann lachte.
US-Medien zitierten Experten mit den Worten, dass Bushs aus vollem Herzen gekommene Scheiß-Bemerkung wohl von den meisten Amerikanern verziehen werde, aber wahrscheinlich im europäischen Ausland als grobe "Cowboy-Sprache" angesehen werde. Leser und Hörer wurden auch daran erinnert, dass es nicht das erste Mal gewesen sei, dass Mikrofone Deftiges aus dem Bush-Mund auffingen. Gemeint war ein Vorfall im September 2000, als der damalige Präsidentschaftsbewerber einen Journalisten der "New York Times" als "Riesenarschloch" bezeichnete und der neben Bush stehende "Vize" Richard Cheney beipflichtete: "Oh ja, das ist er wirklich."
"Adios, Wichser"
Das Duo knüpfte dabei an eine Tradition an, die der frühere republikanische Präsident Ronald Reagan begründet hatte. Bei einer Mikrofon-Probe erklärte er einst der Sowjetunion scherzhaft den Krieg und kündigte einen Raketenangriff an, ohne zu bemerken, dass er auf Sendung war. Bushs gleichnamiger Präsidentenvater wurde als "Vize" unter Reagan erwischt, als er prahlte, er habe seiner Gegnerin Geraldine Ferraro bei einer Debatte "den Hintern versohlt".
Undiplomatisches wurde aber auch von demokratischer Zunge aufgefangen. Der frühere Präsident Bill Clinton etwa kanzelte einen Mitarbeiter ab, während die Öffentlichkeit zuhörte, ein Senator witzelte über Lesben, und der damalige Präsidentschaftsbewerber John Kerry wurde dabei gehört, wie er Republikaner als Betrüger und Lügner bezeichnete. Der texanische Gouverneur Rick Perry, ein Republikaner, schlug aber wohl alle. Mikrofone fingen auf, was er einem missliebigen Reporter hinterher rief: "Adios, Wichser." Und das ist noch eine der freundlicheren Übersetzungen, die der Duden für das von ihm verwendete Wort bietet.