Der Absturz der kolumbianischen Passagiermaschine in Venezuela mit 160 Toten lag seit Monaten sozusagen in der Luft. Ein "angekündigtes Unglück" titelt die kolumbianische Zeitung "El Tiempo" (Bogotà) angesichts der schweren technischen und finanziellen Probleme der Regionalfluglinie West Caribbean Airways. Für die Angehörigen der Opfer ist das kein Trost und macht den Schmerz vielleicht nur noch schlimmer. "Hier gibt es keine Leichen, nur noch Fetzen", sagt der zuständige kolumbianische Konsul in Venezuela, Hernando Ariza.
Die Luftfahrtbehörde Kolumbiens habe versagt, kritisiert der Professor für Luftverkehrsrecht der Militärakademie in Bogotà, Alvaro Sequera. "West Caribbean erfüllte weder die finanziellen noch die technischen Voraussetzungen für den Flugbetrieb. Trotzdem hat man sie weiter fliegen lassen", zitiert ihn die Zeitung. Auch Alfonso Pinzón Velàzquez, Berater der Vereinigung der Zivilpiloten Kolumbiens, fasst sich an den Kopf. "Warum macht Kolumbien keinen Gebrauch von der Möglichkeit, Fluglinien mit finanziellen Problemen und technisch mangelhaften Flugzeugen still zu legen?", fragt er.
"Das Unglück ist auf menschliches Versagen zurückzuführen"
Die finanziellen Probleme führten auch zu einer Arbeitsüberlastung der Mitarbeiter. Ausstehende Gehälter und eigentlich streng verbotene Überstunden der Techniker und Piloten erhöhten das Risiko. Der Arbeitsdruck sei enorm hoch gewesen, aber die Fluglinie habe einfach die Bußgelder für diese Regelwidrigkeiten bezahlt, berichtete "El Tiempo" unter Berufung auf Piloten von West Caribbean. "Unter solchen Bedingungen ist es sehr gut möglich, dass das Unglück auf menschliches Versagen zurückzuführen ist", sagt Sequera.
Die Gründe für den Unfall waren zunächst nicht bekannt und auch erst einer der beiden Flugschreiber konnte gefunden werden. Die Fluglinie und die Zivilluftfahrtbehörde betonten, die Unglücksmaschine habe sich in einem perfekten technischen Zustand befunden. Der Ausfall beider Triebwerke gilt jedoch als äußerst ungewöhnlich. Experten vermuteten eine Vereisung oder auch verunreinigten Treibstoff sowie Wartungsfehler als Ursache.
Alle Flüge vorerst eingestellt
Als der Passagierjet am Dienstagmorgen wie ein Stein vom Himmel stürzte, war es jedoch für alle Vorsichtsmaßnahmen zu spät. Vielleicht haben die Opfer in den letzten Sekunden ihres Lebens zumindest Halt in ihrem Glauben gefunden. Zwischen den Wrackteilen wurden Dutzende Bibeln gefunden.
Nach dem Flugzeugabsturz hat die kolumbianische Fluggesellschaft West Caribbean Airways alle Flüge vorerst eingestellt. Das berichtet der Radiosender Caracol unter Berufung auf Fluggäste, die eine entsprechende Mitteilung des Unternehmens erhalten hätten.