Die Ostküste Australiens, vor allem der Raum Sydney, ist aktuell von schweren Überschwemmungen durch Regenfälle betroffen. Etwa 50.000 Menschen wurden bereits dazu aufgefordert ihre Häuser zu verlassen, berichtete "NBC News" am Dienstag. Nun verbreiten sich laut dem britischen Nachrichtensender "BBC" in den sozialen Medien Verschwörungsmythen zur Ursache der Naturkatastrophe. Diese behaupten, die australische Regierung habe das Wetter durch sogenanntes "Cloud Seeding" gezielt so manipuliert, dass es zu den starken Regenfällen gekommen sei.
Verschwörungsmythos macht "Cloud Seeding" für Regen in Australien verantwortlich
Bei der "Cloud Seeding"-Methode werden chemische Partikel, in der Regel Silberioide, in Wolken geschossen. Um diese Partikel legt sich der Wasserdampf der Wolken, was zu Niederschlag führt. Diese Methode werde laut BBC weltweit zum Beispiel dafür eingesetzt, Getreide gezielter zu bewässern. Für einen Zusammenhang zwischen "Cloud Seeding" und den Fluten in Australien gebe es aber keine Anhaltspunkte. Selbst wenn diese Methode eingesetzt worden wäre, seien dessen Effekte auf die Regenfälle verschwindend gering, betont die britische Klimaforscherin Ellie Gilbert dem britischen Sender gegenüber. Großflächig koordinierte Versuche das Wetter zu beeinflussen, seien weder physikalisch noch finanziell überhaupt machbar. Ebenso sei die Annahme, es gebe irgendein Motiv um das Wetter zu manipulieren, ein völliger Mythos.
Laut Klimaexpert:innen gebe es für die aktuellen starken Regenfälle rund um Sydney, die zu der Flut geführt haben, keinen klar identifizierbaren Auslöser. Neben dem Klimawandel spiele aber auch ein Wetterphänomen namens "La Niña" eine Rolle, bei dem sich die Wasseroberfläche im Ostpazifik stark abkühle, da Starkwinde die warme Wasseroberfläche in Richtung Indonesien bewegten. Dies könne dann in Australien zu mehr Regen führen.
Trotzdem sehen einige Nutzer:innen aus diversen sozialen Medien den starken Niederschlag rund um Sydney als "Weather Engineering", also als künstlich herbeigeführtes Wetter. Dieser Irrglaube sei Teil einer weltweit verbreiteten Verschwörungsideologie, laut der Regierungen das Wetter kontrollierten, um Druck auf ihre Bevölkerungen auszuüben. Dazu gehört auch der Verschwörungsmythos der "Chemtrails" – die falsche Annahme, durch Flugzeuge verursachte Kondensstreifen am Himmel verbreiteten eigentlich bestimmte Chemikalien, mit denen die Bevölkerung vergiftet werden solle. Laut "BBC" hätten viele der Accounts, die die Verschwörungsmythen zur Flut in Australien verbreiteten, ebenfalls solche zur globalen Erwärmung, Corona-Impfungen und Mondlandungen geteilt.
Verschwörungsmythen zu Überschwemmungen wiederholen sich
In Australien kam es bereits häufiger zu Überschwemmungen – dass diese von derartigen Verschwörungserzählungen begleitet werden, ist ebenfalls nicht das erste Mal. Als im März dieses Jahres die Ostküste Australiens bereits von Überflutungen durch starken Regen betroffen war, sprach der in Australien bekannte Verschwörungsideologe James Bartolo auf seiner Facebook-Seite von einer "'government weather warfare attack" – also von einem staatlichen Angriff der Wetter-Kriegsführung. Er war den australischen Behörden bereits in der Corona-Pandemie aufgefallen: mit Anti-Lockdown Protesten und einer eigenen Website, auf der er die Existenz des Coronavirus bestritt.
Wie der US-amerikanische Nachrichtensender "CBS News" im April berichtete, hätten Pilot:innen eines australischen Luftfahrtunternehmens sogar Drohungen erhalten, weil in sozialen Medien fälschlicherweise verbreitet worden sei, sie hätten durch "Cloud Seeding" eine weitere Flut ausgelöst. Dabei wurde auch die Flugbahn eines Flugzeugs über überflutete Gebiete online geteilt. Laut "CBS" hatte der Flug aber bloß Luftbilder für ein Kartierungsunternehmen erstellt, welches den Auftrag auch bestätigte. Bei dem Flugunternehmen seien über 100 Drohungen gegen die Pilot:innen eingegangen.
Auch während der aktuellen Flut wurde laut "BBC" vermehrt ein Video des australischen TV-Senders "7News" aus dem Jahr 2016 über starke Überflutungen in Tasmanien geteilt. Dieses berichtet von "Cloud Seeding" in der Region kurz vor den Fluten und warf so die Frage nach einem Zusammenhang auf. Eine Untersuchung der tasmanischen Regierung zeigte laut eines Faktenchecks der Nachrichtenagentur "Reuters" jedoch, dass das "Cloud Seeding" keinen messbaren Einfluss auf die starken Regenfälle gehabt hatte, was von Expert:innen bestätigt worden sei.