Großalarm in Nordhessen Giftige Dämpfe verletzen fast 40 Menschen

Fast 40 Verletzte nach einem Giftunfall in Nordhessen im Krankenhaus - die Feuerwehr löst Großalarm aus - am Nachmittag gibt die Polizei vorsichtig Entwarnung. Für die Anwohner besteht keine Gefahr, die Zahl der Verletzten steigt aber - bei Betroffenen und Rettern.

Giftalarm in Nordhessen: Bei einem Chemie-Unfall auf dem Gelände einer Logistikfirma im nordhessischen Homberg/Efze sind in der Nacht zum Mittwoch 38 Menschen durch austretende giftige Dämpfe verletzt worden. Sie klagten nach Polizeiangaben über Reizungen der Atemwege und wurden in Krankenhäuser gebracht. Die Bevölkerung in der Kleinstadt sei aber nicht gefährdet.

Die Ursache für das Unglück war nach Polizeiangaben am Nachmittag noch nicht zweifelsfrei geklärt. Vermutlich wurde ein Fass mit einer hochgiftigen und stinkenden Flüssigkeit bei Verladearbeiten von einem Gabelstapler beschädigt, etwa 30 Liter der Chemikalie liefen aus.

Die Feuerwehr löste Großalarm aus und rief mitten in der Nacht über Lautsprecher die Bewohner auf, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Um das Industriegebiet der Kleinstadt herum wurden Dekontaminationsstellen eingerichtet. Zehn Notärzte und eine Hundertschaft vom Rettungsdienst kümmerten sich um die rund 240 Betroffenen, vor allem Lageristen und Lkw-Fahrer, aber auch Feuerwehrmänner, Rettungssanitäter und Polizisten. Sie mussten ihre Kleidung abgeben und bekamen nach einer Dusche neue Trainingsanzüge.

Auf dem Areal einer Logistikfirma war die farblose Flüssigkeit gegen 0.30 Uhr in der Nacht ausgelaufen. Ein Gabelstaplerfahrer hatte die Feuerwehr wegen eines Lecks in einem 200-Liter-Fass mit dem Stoff Phenylmercaptan alarmiert. Der nach Knoblauch stinkende Stoff wird an der Luft zu Gas und verbreitet sich so in der Umgebung. "Er ist stark riechend, ätzend und greift bei entsprechender Konzentration die Atemwege und Schleimhäute an", warnten die Experten.

Die mit schwerem Gerät und Atemschutzmasken angerückten Feuerwehrmänner stülpten am Morgen einen größeren Behälter über das beschädigte Fass und dichteten es so ab.

Nach ersten Messungen bestand für die Stadt und ihre gut 14 000 Einwohner keine Gefahr, hieß es. "Eine Gefährdung ist derzeit nicht mehr gegeben", sagte Reinhard Giesa, Sprecher der Polizei in Homberg. Die Gaswolke zog laut Polizei in der Nacht von Homberg weg und verflüchtigte sich weiter.

Hinter dem Fachbegriff Phenylmercaptan (auch Thiophenol) verbirgt sich eine organische Schwefelverbindung, die für die Produktion von Pharmazeutika, Insektengiften, Farb- und Kunststoffen benötigt wird. Laut Produktinformation eines Herstellers besteht Lebensgefahr beim Einatmen, Verschlucken und bei Hautkontakt. Die farblose, übelriechende Flüssigkeit wird als sehr giftig, entzündlich und reizend eingestuft. Die Chemikalie gilt außerdem als stark wassergefährdend.

DPA
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