Zu ihren besten Zeiten war die hessische CDU-Politikerin Margret Härtel so etwas wie ein Star ihrer Zunft. Als Oberbürgermeisterin von Hanau bei Frankfurt trat sie mit Prominenten auf, ließ sich vom Fernsehen beim Joggen filmen und machte sich im Land mit flotten Sprüchen einen Namen. Doch Liebling der Wähler ist Härtel schon lange nicht mehr: Von Montag an muss sich die 60-Jährige wegen Untreue und Betrugs vor dem Landgericht verantworten. Der Prozess wird neu aufgerollt. Im September war er geplatzt, weil der Richter nicht alle Akten kannte und als befangen galt.
Härtels Abstieg hatte begonnen, als Zeitungen eine Privatfahrt über mehr als 1500 Kilometer im Dienstwagen aufdeckten: Von einem Chauffeur der Stadt hatte sie sich bis zum Arzt nach Warschau bringen lassen - hin und zurück. Fast täglich gab es danach neue Vorwürfe gegen sie. Im Mai des vergangenen Jahres wählten die Hanauer ihre einst geliebte "Queen Margret" schließlich in einem Bürgerentscheid mit 90 Prozent der Stimmen aus dem Amt.
Eine Familienfeier für 650 Euro
Vor Gericht hält ihr die Staatsanwaltschaft außer der Fahrt nach Warschau drei weitere Anklagepunkte vor: Gleich zwei Mal soll sie private Restaurantbesuche über das Rathaus abgerechnet haben, darunter eine Familienfeier für 650 Euro - vor allem dieser Vorwurf wiegt schwer. Auch ein privates Hochzeitsgeschenk soll die Stadt bezahlt haben. Sollte Härtel verurteilt werden und das Gericht auf Amtsmissbrauch entscheiden, droht ihr sogar eine Haftstrafe auf Bewährung.
Die Staatsanwaltschaft stützt sich unter anderem auf fingierte Belege aus Härtels Büro über die Restaurantbesuche. So waren auf den Quittungen Namen von Personen aufgetaucht, die nicht an den Essen teilgenommen hatten. Gefälscht wurden die Rechnungen von Mitarbeitern. Im ersten Prozess gaben sie jedoch an, sie hätten auf Anweisung ihrer Ex-Chefin gehandelt. Die CDU-Politikerin soll Mitarbeiter angebrüllt und unter Druck gesetzt haben. Das Arbeitsklima sei "desolat" gewesen, sagte ihre Ex-Sekretärin aus.
"Massiv" unter Druck gesetzt
Härtels Verteidiger Michael Simon wirft den Zeugen vor, im ersten Prozess gelogen zu haben, um sich selbst vor einer Strafe zu schützen. Zudem soll ein Vertrauter von Härtels Widersacher im Rathaus, dem jetzigen SPD-Oberbürgermeister Claus Kaminsky, die Mitarbeiter "massiv" unter Druck gesetzt haben, damit sie gegen ihre ehemalige Chefin aussagen. Verteidiger Simon spricht von einem Komplott gegen seine Mandantin, um sie zu Fall zu bringen: «Das war eine gesteuerte Angelegenheit."
Ein Arzt wird Härtel ständig beobachten. Im ersten Prozess musste sie sich in einer Verhandlungspause in eine psychiatrische Klinik aufnehmen lassen, weil sie offenbar dem Druck nicht mehr gewachsen war. Ihr Gesundheitszustand hat sich seitdem aber gebessert. Vier Verhandlungstage hat das Gericht angesetzt.