Am Montag vor einer Woche meldete die 3. Mordkommission der Berliner Polizei Vollzug: "Auf Grundlage des Haftbefehls nahmen Ermittler der Mordkommission den 27-Jährigen heute in den frühen Abendstunden in Berlin fest."
Seither sitzt er in Untersuchungshaft: der Schwager der vermissten Schülerin Rebecca. Die Ermittler halten ihn für dringend tatverdächtig, die jüngste Schwester seiner Frau getötet zu haben. Doch es gibt keine Leiche und es gibt kein Geständnis. Im Gegenteil: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge stritt Florian R. nach seiner Festnahme ab, etwas mit dem Verschwinden Rebeccas zu tun zu haben. Auch die Familie des Mädchens glaubt an die Unschuld ihres Angehörigen.
Bei aller Überzeugung der Polizei gilt der 27-Jährige als unschuldig – bis ihm in einem möglichen Gerichtsprozess das Gegenteil bewiesen wird.
Rebeccas Schwager in U-Haft
Klar ist: Florian R. wird nicht ewig in seiner Zelle im Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit bleiben können. Die U-Haft dient ausschließlich der Sicherung eines Strafverfahrens und darf laut Strafprozessordnung nur verhängt werden, wenn ein dringender Tatverdacht besteht. Geht es um Mord oder Totschlag, ist ein weiterer sogenannter Haftgrund wie Flucht- oder Verdunkelungsgefahr nicht erforderlich.
Das heißt im Umkehrschluss: Reichen die Indizien der Ermittler nicht mehr für einen dringenden Tatverdacht, kommt Florian R. frei. Ob und wann es soweit ist, weiß niemand.
Der Verdächtige kann jedoch über seine Anwältin jederzeit überprüfen lassen, ob der Haftbefehl aufrecht erhalten werden darf. Ein Richter muss dann binnen 14 Tagen entscheiden. Bleibe es bei der U-Haft, könne ein weiterer Antrag erst wieder nach zwei Monaten gestellt werden, wie ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft im Gespräch mit dem stern erläuterte. Die Verteidigung wird das Mittel also nur mit Bedacht einsetzen.
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hat Florian R. bisher keine Haftprüfung beantragt, die Staatsanwaltschaft wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.
Neue Strategie der Polizei?
In der Regel darf die Untersuchungshaft maximal sechs Monate dauern, bei den Ermittlungen herrscht also auch ein gewisser Zeitdruck. Aufgrund der angeblich dünnen Beweislage, gebe es in Ermittlerkreisen die Befürchtung, dass der Fall komplett neu aufgerollt werden muss, berichtet die "Berliner Morgenpost". "Das wäre ein Desaster", zitiert das Blatt einen Beamten.
Derzeit gehen die Ermittler nach stern-Informationen jedoch weiterhin fest davon aus, dass die 15-Jährige das Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers am Morgen des 18. Februars nicht bei Bewusstsein oder sogar tot verlassen hat. Sie halten Florian R. weiter für tatverdächtig.
Laut eines Berichts des "Berliner Kurier" erwägt die Polizei, eine besondere Ermittlungsgruppe im Fall Rebecca zu gründen. Die hohe Zahl von über 1200 Hinweisen aus der Bevölkerung könnte auf diese Weise besser abgearbeitet werden, weil mehr Beamte zur Verfügung stünden.

Lesen Sie hier mehr zum Fall Rebecca:
- Rebecca seit drei Wochen verschwunden – was sind die nächsten Schritte der Mordkommission?
- Medienbericht: Drogendeal soll Grund für verdächtige Autofahrt von Florian R. sein
- Vergebliche tagelange Suche im Wald nach Rebecca – Polizei muss umdenken
- Mehr als 1000 Hinweise im Fall Rebecca – Anklage auch ohne Leichenfund möglich
- Vermisste Rebecca – einer der rätselhaftesten Kriminalfälle unserer Zeit
- Die wichtigsten Orte im Fall Rebecca – hier hofft die Polizei immer noch auf Hinweise
- Warum sucht die Polizei mit diesem Foto nach Rebecca? Ein Kripo-Beamter klärt auf
- "Rechtswidriges Treiben": Strafverteidiger attackieren im Fall Rebecca Ermittler und Presse
- Die wichtigsten Aussagen des Chefermittlers bei "Aktenzeichen XY" – Polizei durchkämmt Waldstück
Quellen: § 112 Strafprozessordnung, § 117 Strafprozessordnung, "Bild"-Zeitung, "Berliner Morgenpost", "Berliner Kurier", Nachrichtenagentur DPA