Auf Titelseiten, in Fernsehbeiträgen, im Facebook-Stream – das Foto der vermissten Schülerin Rebecca ist fast allgegenwärtig. Kaum ein Kriminalfall der jüngeren Vergangenheit sorgt für soviel öffentliche Resonanz. Das ist auch gut und richtig so. Denn trotz der Vermutung der Ermittler, dass die 15-Jährige getötet wurde, gibt es noch einen Funken Hoffnung, dass sie irgendwo lebend gefunden wird. Das Foto kann dabei helfen.
Das Bild von Rebecca zeigt eine Jugendliche mit attraktivem Äußerem: geschminkt, mit vollen Lippen und mit großen Augen, die Haare sorgfältig gestylt. Und ein Filter liegt über dem Bild, so wie es auf Plattformen wie Instagram üblich ist. Die "Süddeutsche Zeitung" beschreibt die Aufnahme als die einer "Fünfzehnjährigen, die aussieht wie die Traumversion einer jungen Brigitte Bardot in der Rolle von Lolita".
Polizei veröffentlichte zwei Fotos von Rebecca

In den sozialen Netzwerken wird heftig über das offizielle Fahndungsfoto diskutiert, auch die stern-Redaktion erreichten mehrere Zuschriften: Was hat dieses Bild mit dem realen Aussehen von Rebecca zu tun? Würde man sie anhand dieses Fotos bei einer Begegnung erkennen? Warum veröffentlichen Medien ausgerechnet dieses Bild für die Suche nach dem Mädchen?
In Social-Media-Profilen aus dem Umfeld von Rebecca finden sich unzählige andere Aufnahmen von ihr: mal ebenso gestylt, mal natürlicher. Auf einigen Bilder wirkt sie jünger, auf anderen wiederum hat sie eine völlig andere Frisur.
Medien wie der stern können jedoch nicht einfach beliebig im Internet zusammengesuchte Fotos veröffentlichen. Hier spielen vor allem Urheberrechtsfragen eine Rolle. Für die Veröffentlichung ausdrücklich freigegeben sind zunächst ausschließlich die von der Polizei zur Fahndung herausgegebenen Bilder. Die Beamten stellten der Presse am 21. und 23. Februar zwei Fotos von Rebecca zur Verfügung: Das allseits bekannte, und eines, das nur in sehr geringer Auflösung vorliegt und daher weniger geeignet für die Suche ist.
Letztlich entscheiden die Angehörigen
Doch wieso veröffentlicht die Polizei nicht einfach ein anderes – möglicherweise geeigneteres – Foto? Die Antwort: Es sind nicht die Ermittler, die entscheiden, mit welchem Foto gefahndet wird. Aus einem einfachen Grund. Die Beamten kennen die gesuchte Person in der Regel nicht, wissen also auch nicht, auf welchem Bild sie am besten zu erkennen ist. "Wir bitten daher die Angehörigen, uns ein geeignetes Foto zur Verfügung zu stellen. Wir blättern in solchen Fällen also nicht das Familienalbum durch oder durchsuchen Facebook-Profile, sondern müssen uns auf die Familie verlassen", sagt Dirk Peglow, stellvertretender Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter im Gespräch mit dem stern, über das Vorgehen seiner Kollegen. "Das Foto soll möglichst aktuell sein, also das derzeitige Erscheinungsbild der Gesuchten widerspiegeln. Und das kann nur die Familie beurteilen. Im besten Fall trägt die gesuchte Person auf dem Bild auch dieselbe Kleidung wie beim Verschwinden."

Es geht allein um die Erkennbarkeit
Bei der Zusammenarbeit mit den Familien sei viel Fingerspitzengefühl der Beamten nötig, so der Kripo-Mann, der selbst schon in zahlreichen Vermisstenfällen ermittelt hat. "Die Betroffenen leiden in solchen Situationen sehr unter dem Eindruck des Geschehens."
Die Vermutung einiger Internetnutzer, dass ein Fahndungsbild nach Attraktivitätsgesichtspunkten ausgewählt werde, um so möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen, schließt Peglow aus: "Polizeibeamte werden sich darüber keine Gedanken machen. Es geht allein darum, dass die gesuchte Person möglichst gut zu erkennen ist."
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