Einsatzkommando EKO Cobra: Österreichs Speerspitze im Kampf gegen den Terror

Beamte der EKO Cobra bei einem Einsatz in Wien 2020
Beamte der EKO Cobra bei einem Einsatz in Wien 2020
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Bei dem Amoklauf in einer Schule in Graz war auch das "EKO Cobra" im Einsatz. Die Einheit ist international berühmt. Und berüchtigt für ihre harten Aufnahmeprüfungen. 

Österreich steht unter Schock: Bei einem Amoklauf in einer Schule in Graz sind mindestens zehn Menschen getötet und viele weitere verletzt worden. Der Schütze beging laut Behörden Suizid. Es ist einer der folgenreichsten Amokläufe in der Alpenrepublik. Innerhalb weniger Minuten nach den ersten Schüssen wurde auch das Einsatzkommando Cobra (EKO Cobra) zum Tatort gerufen. Inmitten der unübersichtlichen Lage sicherten die Beamten das Gebäude und versorgten Verletzte. Alltag für "die Cobra", wie sie im Volksmund genannt wird. Die Truppe ist international hoch angesehen und für ihre Aufnahmeprüfung berüchtigt. 

Vom Begleitkommando zur Anti-Terror-Einheit

Das EKO Cobra ist die berühmteste Polizeieinheit Österreichs. Sie ist die Sondereinheit für Einsätze mit hohem Gefährdungsgrad und spezialisiert auf die Festnahme gefährlicher Gewalttäter, Einsätze bei bewaffneten Geiselnahmen und gegen das Organisierte Verbrechen. Ferner wird sie zur Bekämpfung von Terrorismus und dem Schutz von hochrangigen Personen, Gebäuden und Flugzeugen eingesetzt. Sie ist in der Direktion für Spezialeinheiten verankert, der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, und somit dem Innenministerium unterstellt.

Die Entstehungsgeschichte der "Cobra" ist eine Reise in eine andere Zeit: Ihr Ursprung ist das "Gendarmeriekommando Bad Vöslau". Die kleine Sondereinheit wird 1973 aufgestellt. Zu dieser Zeit erklärt sich Österreich bereit, jüdische Emigranten aus der Sowjetunion einreisen zu lassen, damit sie vom Flughafen Wien nach Israel reisen können. Die Aufgabe des Kommandos ist anfänglich lediglich, die Emigranten, ihren Transport und das Emigrantenlager im Schloss Schönau zu schützen. Ein Jahr später wird das Kommando aufgestockt und in das "Gendarmeriebegleitkommando Wien" überführt. 

Der Terror der Roten Armee Fraktion (RAF) in Deutschland bringt auch die österreichische Regierung in Zugzwang. Bislang ist das Alpenland von Anschlägen verschont geblieben. Die Verschleppung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und die Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" nach Mogadischu 1977 sorgen dafür, dass das Innenministerium eine erste Anti-Terror-Einheit konzipiert – das "Gendarmerieeinsatzkommando" (GEK). 

Das Bundesoberstufenrealgymnasium in Graz
Am Dienstag fallen gegen 10 Uhr morgens Schüsse im Bundesoberstufenrealgymnasium in Graz. Die Schule befindet sich in der Dreierschützengasse im Nordwesten der Stadt
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"Mit Abstand einer der schwersten Amokläufe der Republik Österreich"
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Das öffentliche Bild des GEK bewegt sich von Beginn an zwischen Bewunderung und Fassungslosigkeit. Die Einheit ist wegen Personalmangels anfangs mit nur knapp über 100 Beamten klar unterbesetzt, aber gut ausgebildet und ausgestattet. Für Kopfschütteln sorgen allerdings die überharten Aufnahmeprüfungen, die reihenweise Anwärter an ihre körperlichen und geistigen Grenzen bringen.

Erste Einsätze wie eine Geiselnahme in Graz 1980 gelten als Erfolg, auch wenn in diesem Fall eine Geisel verletzt und der Geiselnehmer erschossen wird. 

Dennoch genießt das GEK in der österreichischen und internationalen Öffentlichkeit einen guten Ruf. Angelehnt an die TV-Serie "Kobra, übernehmen Sie!" taufen Journalisten die Einheit "Cobra". Ein Spitzname, den das GEK später selbst übernimmt. Bis heute tragen die Mitglieder der Einheit die Kobra als Wappentier auf ihren Abzeichen an der Schulter. 

Kleine, aber schlagkräftige Truppe

Auch wenn die Größe Österreichs als Land und die Mannstärke des GEK überschaubar sind, sorgt die Einheit immer wieder für Schlagzeilen – im positiven, aber auch negativen Sinne: 

Bis heute ist es das einzige Einsatzkommando weltweit, das jemals eine Flugzeugentführung in der Luft beendete. Im Oktober 1996 sind vier Beamte der Einheit als sogenannte "Air-Marshals" an Bord eines Abschiebeflugs von Malta nach Lagos. Während der Reise zückt ein Nigerianer ein Messer, bedroht die Cockpit-Crew und fordert, den Flieger nach Südafrika oder Deutschland umzuleiten. Die Mitglieder der GEK überwältigen den Täter, fesseln ihn und übergeben ihn nach der Landung den zuständigen Behörden.

Nur knapp einen Monat später beendet das GEK eine Geiselnahme im Gefängnis Graz-Karlau unblutig. Drei inhaftierte Schwerverbrecher hatten zwei Justizbeamte schwer verletzt und drei Frauen als Geiseln genommen. Das GEK greift nach neunstündiger Verhandlung zu und überwältigt die Täter.

So groß die Erfolge der Einheit sind, so groß sind auch ihre Skandale: 1987 erschießt ein GEK-Beamter versehentlich einen Kollegen während eines Wachdienstes, weil er sorglos mit seiner Dienstwaffe hantierte. Zehn Jahre später ertrinkt ein Mitglied bei einer Tauchübung in einem Schwimmbecken der Einheit.

Geburtsstunde des "EKO Cobra"

Ähnlich wie der RAF-Terror in den 1970er ist es der Anschlag am 11. September 2001, der den Ausschlag dazu gibt, die Einheit zu modernisieren und neu aufzustellen. Das GEK wird mit Mobilen Einsatzkommandos (MEK) und Sondereinsatzgruppen verschmolzen. Eine gesamt-österreichische Spezialeinheit ist geboren: das Einsatzkommando Cobra. Neben der Zentrale in Wien werden im ganzen Land Außenstellen errichtet, damit das Kommando an allen Orten Österreichs möglichst schnell eingreifen kann.

Seitdem tritt das EKO Cobra immer wieder in in- und ausländischen Einsätzen in Erscheinung. So verhaftet es etwa 2004 auf einer Autobahn einen berüchtigten türkischen Mafia-Paten. 2006 evakuiert es mehrere österreichische Staatsbürger aus dem Bürgerkriegsland Libanon. 

Beim Amoklauf in Graz in dieser Woche konnte die "Cobra" allerdings nichts mehr ausrichten. 

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