Der Zugriff erfolgt gegen 15.15 Uhr. Auf dem Bahnhof der mecklenburgischen Kleinstadt Bad Kleinen versuchen Fahnder, Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld, zwei Top-Terroristen der Roten Arme Fraktion (RAF) zu verhaften. Monate zuvor waren sie ihnen durch einen V-Mann auf die Spur gekommen. Während Hogefeld überwältigt werden kann, flüchtet Grams und schießt auf die Beamten. Er trifft den GSG-9-Mann Michael Newrzella, der seinen Verletzungen später erliegt: das letzte Todesopfer der RAF. Grams schießt sich in den Kopf und stirbt bald darauf ebenfalls.
Bad Kleinen ist der Anfang vom Ende der RAF
Zwei Tote – der Einsatz von Bad Kleinen wird zum Desaster für die Sicherheitskräfte. Und doch läutet er den Sieg des Staats im Kampf gegen den Terror der RAF ein. Das jahrzehntelange Morden findet hier sein Ende – fünf Jahre später gibt die "Stadtguerilla" ihre Selbstauflösung bekannt.

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Der Blutspur der RAF bringt den deutschen Rechtsstaat an den Rand seiner Selbstaufgabe. Immer schärfere Gesetze zum Kampf gegen den Terror passieren den Bundestag, "konspirative Wohnung" oder "Rasterfahndung" werden Worte der Jahre 1978 und 1980, Fahndungsplakate hängen zur Hochzeit des RAF-Terrors in fast jedem Postamt, die Gesellschaft ist extrem polarisiert.
Der erste RAF-Mord ereignet sich 1971 an einem Polizisten während eines Festnahmeversuchs in Hamburg. Es folgen unter anderem Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Dresdner-Bank-Vorstandschef Jürgen Ponto und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer, die im "Deutschen Herbst", der beispiellosen Terrorserie 1977, getötet werden.
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Letztlich kann sich die Rote Armee Fraktion mit ihrer Gewalt nicht durchsetzen, das sehen am Ende auch die Terroristen so; insgesamt waren es zwischen 60 und 80 Personen. "Die RAF war der revolutionäre Versuch einer Minderheit, entgegen der Tendenz dieser Gesellschaft, zur Umwälzung der kapitalistischen Verhältnisse beizutragen. Wir sind froh, Teil dieses Versuchs gewesen zu sein. Das Ende dieses Projekts zeigt, dass wir auf diesem Weg nicht durchkommen konnten", schreiben die verbliebenen Mitglieder in ihrer Selbstauflösung vor 25 Jahren. Das Schreiben ist der Schlussakkord unter einem ebenso blutigen wie prägenden Kapitel westdeutscher Zeitgeschichte.
Sehen Sie in der Fotostrecke oben: "Vor 30 Jahren griff die GSG 9 in Bad Kleinen zu – es war der Anfang vom Ende der RAF".
Hinweis der Redaktion: Diese Fotostrecke wurde erstmals anlässlich des 25. Jahrestags der Selbstauflösung der RAF im April 2023 veröffentlicht. Anlässlich des Jahrestags des Polizeieinsatzes in Bad Kleinen wurde sie aktualisiert.