Der Mann sei den Fahndern am frühen Samstagmorgen am Kieler Hauptbahnhof ins Netz gegangen, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Nach ersten Erkenntnissen handele es sich bei dem Mann um einen der beiden Gesuchten, nach denen seit Freitag mit Hilfe der Öffentlichkeit gefahndet wird. Der Verdächtige solle am Sonntag einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Details wollte Generalbundesanwältin Monika Harms am späten Nachmittag bekannt geben. Bei den misslungenen Anschlägen, die Ende Juli mit Hilfe von Kofferbomben verübt werden sollten, vermutet das Bundeskriminalamt (BKA) einen terroristischen Hintergrund. Ein Bezug zum Nahost-Konflikt wird weiterhin nicht ausgeschlossen.
Der Kieler Hauptbahnhof war wegen der Fahndung nach den Drahtziehern der in Dortmund und Koblenz gefundenen Kofferbomben am Samstagmorgen von 04.00 Uhr bis kurz nach 09.00 Uhr komplett gesperrt worden. Es seien Ersatzbusse eingesetzt worden, um den Verkehr rund um Kiel aufrecht zu erhalten, sagte eine Sprecherin der Bahn.
Ermittlungen in den Niederlanden
Das BKA fahndet nach zwei jungen Männern, die die beiden Bomben gelegt haben sollen. Die unter anderem aus Gasflaschen gebauten Bomben waren am 31. Juli in Dortmund und Koblenz in Zügen gefunden worden. Sie sollten zehn Minuten vor Einfahrt in die Bahnhöfe zeitgleich explodieren. Zwar wurden die Bomben gezündet. Nach BKA-Angaben kam es aber wegen handwerklicher Fehler nicht zur Explosion. Die Wucht der Detonation und ihr Feuerball hätten den Angaben zufolge viele Menschen töten und verletzen können. Die beiden Gesuchten waren von Überwachungskameras auf den Bahnhöfen gefilmt worden.
Das Magazin "Focus" berichtete vorab, das BKA schließe aus noch unveröffentlichten Videoaufnahmen der Verdächtigen, einer der beiden Männer stamme aus dem Nahen Osten oder Indonesien. Dies habe unter anderem zu Ermittlungen in den Niederlanden geführt, wo etliche radikale Muslime aus den früheren niederländischen Kolonien leben würden.
Schäuble fordert Ausweitung der Videoüberwachung
Die Fahnder stützen die Vermutung eines Zusammenhangs des gescheiterten Anschlags mit dem Nahen Osten unter anderem auf Zettel mit arabischer Handschrift, die in den Koffern gefunden worden waren. Diese könnten als Hinweis auf den Nahost-Konflikt gedeutet werden, hieß es. Außerdem wurden Telefonnummern aus dem Libanon gefunden. Darüber hinaus stammt eine in einem der Koffer gefundene Tüte für Speisestärke mit arabischen Aufschriften aus dem Libanon. Diese Tüten wurden nach Angaben des Händlers etwa 200 Mal in Deutschland verkauft. Während des Ende Juli eskalierten Libanonkrieges wäre "zu diesem Zeitpunkt eine solche Aktion ein Signal gewesen", hatte BKA-Chef Jörg Ziercke mit Blick auf den versuchten Anschlag erklärt.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, warnte vor überzogenen Konsequenzen aus dem versuchten Kofferbomben-Anschlag. "Ich möchte nicht, dass wir die Freiheit in unserem Lande in Frage stellen, auch wenn es darum geht, die Sicherheit zu organisieren", sagte er im RBB. Er räumte jedoch ein, bei den geplanten Anschlägen handele es sich um eine Bedrohung in einer neuen Dimension. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte gefordert, die Videoüberwachung in Deutschland müsse erheblich ausgeweitet werden. Auch die Gewerkschaft der Polizei verlanget weit reichendere technische Ermittlungsmöglichkeiten für die Sicherheitsorgane.
Reuters/DPA/AP/kbe