Die meisten Schmuggler halten sich an Waffen oder Drogen, doch Stanislavas Huzhiavichus meint, dass sich mit anderem Schmuggelgut weitaus mehr Geld verdienen lässt. "Drogen- und Waffenschmuggler, die wissen einfach nichts über das bessere Geschäft, und das ist natürlich das Geschäft mit den Tieren", sagte er dem internationalen Recherche-Kollektiv "Organized Crime and Corruption Reporting Project". Huzhiavichus muss es wissen, denn er selbst hat seltene Vögel quer durch Europa geschmuggelt und sie für hohe Beträge verkauft – bis er erwischt wurde.
Der gebürtige Ukrainer arbeitete für einen Schmugglerring, der vom Aussterben bedrohte Vögel in ihren Herkunftsländern erwarb, sie nach Europa schmuggelte und hier an Sammler verkaufte. Jedes Mal habe er damit 50.000 Euro verdient, sagt Huzhiavichus. 2018 wurde er in Wien von Zollfahndern gefasst. Nach vier Monaten in Untersuchungshaft wurde er in einem Prozess freigesprochen, das Urteil ist aber nicht rechtskräftig.
Vögel können für hohe Preise verkauft werden
Nach einer Berufung der Staatsanwaltschaft hatte das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben, Huzhiavichus hatte sich da aber schon ins Ausland abgesetzt. Bis dahin war Vogelschmuggel für ihn ein lukratives Geschäft. Huzhiavichus brachte nach eigener Aussage innerhalb eines halben Jahres mehr als 1000 seltene Vögel in die EU. Meistens bestach er Lokführer der ukrainischen Eisenbahn, damit diese die Vögel in ihren Zügen in Fächern versteckten und sie so in die EU transportierten.
Huzhiavichus holte sie dann beispielsweise in Budapest ab und konnte sie innerhalb der Europäischen Union weiterverteilen, ohne weitere Kontrollen befürchten zu müssen. Ein weiterer Vorteil für ihn: Der 30-Jährige hat litauische Wurzeln und verfügt damit über einen EU-Pass.

Bei den Vögeln, die er schmuggelte, handelte es sich unter anderem um Palmkakadus, Tukane oder Paradiesvögel. Für Palmkakadus habe er das 30-fache des Einkaufspreises bekommen, so Huzhiavichus. Während seiner Zeit im Gefängnis hätten ihn Drogendealer und Gangmitglieder wegen seiner kriminellen Tätigkeit belächelt – bis er von seinen Gewinnmargen berichtet hätte, erzählte der Schmuggler. Dann hätten sie mit ihm kooperieren wollen.
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Schmugglerring machte 30 Millionen Euro Umsatz im Jahr
Huzhiavichus war "Teil eines groß angelegten Tierschmuggelrings", sagte der österreichische Zollfahnder Andreas Pöchhacker, der die Ermittlungen leitete. Aus Chile, Venezuela, aus Asien und vielen anderen Ländern wurden Tiere geliefert. Der Umsatz des Schmugglerrings soll nach Schätzungen der Ermittler um die 30 Millionen Euro pro Jahr betragen haben.
Eigentlich ist Huzhiavichus gelernter Tierarzt, doch während seiner Zeit als Krimineller nahm er keine Rücksicht auf das Wohlergehen der Vögel. Aufgrund der teils katastrophalen Transportbedingungen sei ein Drittel der Tiere auf der Reise verendet. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis hat er der Kriminalität allerdings abgeschworen. Jetzt lebt er wieder in seiner ukrainischen Heimat, die er trotz des Krieges nicht verlassen will. Dort kümmert er sich in einer Auffangstation um verletzte Wildvögel.
Quelle: "Profil", "Guardian"