Drei Tote, zwei Verletzte und auch am Tag zwei nach der Tat noch eine große Frage: Wie konnte im beschaulichen Langweid am Lech bei Augsburg ein Nachbarschaftsstreit derart eskalieren, dass ein 64-jähriger Bewohner am Freitagabend zur Waffe griff und mutmaßlich drei seiner Nachbarn erschossen hat?
Eine Antwort darauf haben die Ermittler noch nicht. "Die Hintergründe der Tat sind aktuell Gegenstand der Ermittlungen", sagte ein Polizeisprecher. Ob sich der Verdächtige bereits zu der Tat geäußert hat, wollte die Polizei auf stern-Anfrage nicht beantworten. Klar ist allerdings: Die Ermittlungen gegen den Mann laufen unter anderem wegen dreifachen Mordes. Am Samstagnachmittag erließ ein Richter Haftbefehl gegen ihn.
Immer wieder Nachbarschaftsstreit in Langweid bei Augsburg
Fest steht auch: Der 64-Jährige ist für die Polizei kein Unbekannter. Seit 2018 wurden die Beamten immer wieder zu dem Mehrfamilienhaus im Zentrum der 9000-Einwohner-Gemeinde bei Augsburg wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten gerufen. "Dabei kam es zu Ermittlungen wegen unterschiedlicher Vorfälle, wie beispielsweise Gerangel, beleidigenden Äußerungen sowie Drohgebärden", teilte die Polizei mit. Vorbestraft ist der Mann den Angaben zufolge jedoch nicht.
Auch am Tattag rückte Stunden vor den tödlichen Schüssen erneut ein Streifenwagen zu dem Wohnhaus in der Schubertstraße aus – wieder wegen eines Nachbarschaftsstreits. Beim Eintreffen der Beamten hatte sich der 64-Jährige bereits vorübergehend aus dem Staub gemacht. Spätestens gegen 19.15 Uhr kehrte er zurück – und griff dann offenbar zur Waffe.
Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler erschoss er im Treppenhaus eine 49-jährige Frau und deren 52-jährigen Ehemann sowie eine 72-Jährige durch deren Wohnungstür (der stern berichtete). Anschließend soll er mit seinem Auto rund 500 Meter weiter zu einem weiteren Haus gefahren sein und dort auf eine 32-Jährige und einen 44-Jährigen geschossen haben. Die beiden kamen mit Verletzungen ins Krankenhaus. "Lebensgefahr bestand nach derzeitigem Stand nicht", so die Polizei am Samstag.
Rund eine halbe Stunde nach dem ersten Schuss konnten Beamte den Mann in seinem Auto festnehmen, keine zwei Kilometer von den Tatorten entfernt. Dabei fanden sie zwei Kurzwaffen, also Revolver oder Pistolen. In der Wohnung des 64-Jährigen stellten die Ermittler weitere Waffen sicher. Wie viele und welcher Art, sagt die Polizei auf Anfrage nicht. Zumindest einige Waffen hat der Mann offenbar legal besessen. "Der Mann besaß eine waffenrechtliche Erlaubnis", teilte ein Sprecher der Polizei dem stern mit. Er sei als Sportschütze aktiv gewesen.
Ein Junge wächst in Langweid nun ohne Eltern auf – sie wurden bei dem eskalierten Nachbarschaftsstreit erschossen. Er befinde sich derzeit bei Familienangehörigen und werde professionell betreut, erklärte die Polizei. Ob er den Mord an seiner Mutter und seinem Vater mit ansehen musste, ist nicht bekannt.
Quellen: Polizeipräsidium Schwaben Nord, Nachrichtenagentur DPA