Still ist es an diesem Nachmittag in Painten im niederbayerischen Landkreis Kelheim. Vor dem Haus fegen die Bewohner die bunten Blätter zusammen, andere nutzen das schöne Herbstwetter für letzte Renovierungsarbeiten vor dem Winter. Die Dorfjugend lungert derweil auf dem Marktplatz vor dem Rathaus herum, laute Musik tönt aus Handys der neuesten Generation. Doch der Frieden ist trügerisch.
Betrogen im ganz großen Stil
An den Stammtisch geht es derzeit laut zu. Die Leute sind sauer. Einer der Ihren, ein verdienter Mitbürger, früher immerhin zweiter Bürgermeister der 2200-Seelen-Gemeinde, dazu Mitglied im Schützenverein und Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr, hat sie betrogen. Im ganz großen Stil. Das Landgericht Regensburg hat den Gefallenen nun wegen Betrugs in 34 Fällen zu vier Jahren Haft verurteilt.
Heiner Grab*, 52, hatte seinen Mitbürgern und manchem Verwandten vorgelogen, er könne einen lukrativen Handel mit Rindfleisch aus EU-Beständen einfädeln. Bis dahin kannte sie Grab als engagierten und ehrlichen Mitmenschen. Von August 2005 bis Oktober 2006 versprach er jedem, der investieren wolle, traumhafte zehn Prozent Zinsen pro Monat.
Das klang natürlich zu gut, um wahr zu sein, doch die Menschen vertrauten Grab gutmütig ihre Ersparnisse an. Ein Bauunternehmer sogar ganze 900.000 Euro. Einen Hinweis oder gar Beweis für die Existenz der Firma oder die Details des Geschäfts verlangte niemand - der gute Name des Mannes reichte aus. Das Gericht geht von einem Schaden in Höhe von einer Million aus, die Staatsanwaltschaft von 1,4 Millionen Euro.
"Kennen Sie nicht jemand, der investieren will?"
Um seinen Mitmenschen das Geld aus den Taschen zu ziehen, dachte sich Grab einen Trick aus: Er fragte sie nicht direkt, sondern, ob sie nicht jemanden kennen würden, der investieren wolle. Wenig überraschend brachten sich die Angesprochenen selbst ins Gespräch und Heiner Grab hatte sie an der Angel. Das ging soweit, dass er die Hausfrau Maria Weinhardt, die aussteigen wollte, mit einem fingierten Anruf zu weiteren Investitionen verführte. "Ich habe ihn als guten Menschen gekannt", sagt Weinhardt vor Gericht, "ich habe überhaupt nicht daran gedacht, das Geld nicht mehr zu kriegen". Schließlich habe Grab auch Altkleider zu wohltätigen Zwecken in die Balkanländer gefahren. Und überhaupt wisse man ja, dass die EU die Agrarwirtschaft stark subventioniere. Knapp 100.000 Euro hat sie verloren, noch mal so hoch ist der Verlust bei ihrer Verwandtschaft, die sie ebenfalls zum Einstieg in die Geschäfte mit Grab überredet hat. Nun sitzen Weinhardt und ihr Mann auf ihren Schulden.
Neben dem Rindfleisch-Export hatte Grab auch einen dubiosen Schenkkreis in München propagiert. Auf wundersame Weise sollte man dort durch Schenkung von etwa 10.000 Euro Gewinne in Höhe von hunderttausenden machen.
Vor Gericht sitzt der korpulente Mann nun zusammengesunken da, den Kopf hat er in die Hände gestützt, den Blick nach unten gerichtet. Unter dem Druck eigener Schulden habe er ein Fantasiegebilde errichtet, sagt er. Sein Geständnis kommt stockend und mit gepresster Stimme. Durch den Schenkungskreis sowie durch ein weiteres Geschäft habe er geglaubt, das ergaunerte Geld zurück zahlen zu können, was ihm die Staatsanwaltschaft jedoch nicht glaubt.
"Nicht der Alkohol, der Umgang mit Geld ist das Problem"
Und die sozialen Verpflichtungen als Kommunalpolitiker und Feuerwehrmann hätten ihn zu übermäßigem Alkoholkonsum quasi gezwungen. Abhängigkeit und damit verringerte Schuldfähigkeit will ihm der Sachverständige allerdings nicht attestieren. Grabs "psychisches Problem ist der Umgang mit Geld, weniger der mit Alkohol", sagt er.
In Painten ist die Stimmung gespalten. Dass Grab übermäßig getrunken hat, will auch hier keiner bemerkt haben. "Bei den Festen halt", sagt Bernd Urzer, der mit Grab im Schützenverein war. Auch er wurde gefragt, investiert hat Urzer nicht. "Aber die, die Geld verloren haben, sind jetzt stinksauer auf ihn. Da sagen schon manche, der braucht mir nicht auf der Straße begegnen." Das wird er in den nächsten Jahren auch sicher nicht tun.
*alle Namen von der Redaktion geändert