"Er sagte, es war eine glückliche Zeit für die beiden", erklärt Felix' Anwalt. "Sie haben hier und da angehalten, er kümmerte sich um die Route, fragte sie, ob sie irgendwo anhalten wolle, sie sagte ja und dann fuhren sie los." Am 24. November vergangenen Jahres nimmt der unbeschwerte Urlaubstrip von Felix E. und seiner besten Freundin Melanie D. allerdings eine tragische Wendung: Die Teenager aus Deutschland kollidieren mit einem Lastwagen, den Unfall überlebt nur der 19-Jährige. "Felix sagt, er wünsche sich an ihrer Stelle gewesen zu sein", wird sein Anwalt von der neuseeländischen Zeitung "stuff" zitiert.
Felix E. vor Gericht in Neuseeland
Es sind bewegende Zeilen im Statement eines traumatisierten 19-Jährigen, der sich am Montag vor Gericht in Thames (Neuseeland) verantworten musste. Felix E. bekannte sich dem fahrlässigen Gebrauch eines Fahrzeugs schuldig, der schließlich zum Tod führte – im Beisein seines Anwalts und seiner Mutter, die aus Deutschland anreiste.
Das Gericht verurteilte den jungen Mann zu einer Geldentschädigung an die Familie von Melanie D. in Höhe von 5000 Neuseeland-Dollar und entzog ihm die Fahrlizenz für ein Jahr und sechs Monate. Der Richter rechnete es ihm zugute an, trotz Erinnerungslücken an den tödlichen Crash, sofort seine Schuld und Verantwortung für den Unfall eingestanden zu haben. "Doch es gibt keine Rechtsprechung dieses Gerichts, die Melanie zurückbringen könnte", wird der Richter von "stuff" zitiert. "Es wird immer eine Tragödie bleiben – und das Gericht kann das nicht ändern."
"Es ist ein Wunder, dass er überlebt hat"
Seit dem 26. September waren die besten Freunde auf Erkundungstour durch Neuseeland, bereisten sowohl den Norden als auch den Süden der Insel. Eine Woche vor dem fatalen Crash organisierte sich das Gespann einen Leihwagen. Sie wollten in Neuseeland Urlaub machen, Felix E. hat kurz zuvor seinen Schulabschluss gemacht – vermutlich wollten beide nach Jahren auf der Schulbank endlich die weite Welt sehen.
Auch am 24. November, dem Tag des Unfalls, stiegen der 19-Jährige und seine beste Freundin in den Wagen. Sie wollten zum Hot Water Beach fahren, einem beliebten Strandabschnitt mit Postkartenkulisse auf der Nordinsel Neuseelands. Es sei ein sonniger und heißer Tag gewesen, berichtet "stuff". Felix E. sei gefahren, während Melanie D. ein Buch gelesen habe. Auf der Hauraki Road machten die beiden einen kurzen Zwischenstopp. Mit fatalen Folgen: Als der 19-Jährige an der Kreuzung ausschert, wird der Wagen von einem heranfahrenden Lastwagen erfasst. Wie "stuff" weiter berichtet, rammte der Transporter den Leihwagen mit einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern – Feuerwehrleute mussten Felix E. und Melanie D. aus dem ramponierten Wagen schneiden. Helikopter flogen die beiden Teenager in zwei unterschiedliche Krankenhäuser. Am Ende stehen zwei Erkenntnisse. Erstens: "Es ist ein Wunder, dass er überlebt hat ...", wird der Anwalt von Felix zitiert. Zweitens: "... und es ist wirklich tragisch." – Melanie D. erlag ihren schweren Verletzungen.
Die Mutter von Melanie vergibt ihm
Hätte der Unfall verhindert werden können? Der 19-jährige Deutsche soll laut "stuff" seinen Führerschein erst Anfang 2017 erworben haben, danach nur ein bis zwei Mal im Monat auf deutschen Straßen gefahren sein - sprich: auf der rechten Spur, nicht auf der linken, wie in Neuseeland. "Er hat den Truck nicht gesehen oder die Zeit, die ihm zum Ausparken reicht, falsch eingeschätzt", verteidigt und mutmaßt sein Anwalt vor Gericht. "Es war ein Fehler ... und etwas, dass er den Rest seines Lebens bereuen wird", zitiert "stuff" aus der Anhörung. "Es hat ihn sehr getroffen und es tut ihm sehr leid."
Es ist wohl nicht weit hergeholt, zu sagen: Diese Last, für den Tod eines anderen Menschen irgendwie verantwortlich zu sein, wird Felix E. sein gesamtes Leben schultern müssen. Dementsprechend erleichternd dürfte es gewesen sein, wenn man das so sagen kann, als ihm die Mutter von Melanie D. eine Notiz aus Deutschland zukommen lässt: "Felix E. hat das Schlimmste von ihr befürchtet", zitiert "stuff" seinen Anwalt, "und war überrascht und dankbar, welches Verständnis und Vergebung sie gezeigt hat."
In Deutschland will Felix E. studieren, irgendwas mit Medizin. Vorher wolle er sich aber einen Job suchen, sagt sein Anwalt. "Er will Geld verdienen, um seine Schulden zurückzuzahlen" – gemeint sind unter anderem die Kosten für Melanies Beerdigung.
