Zeugen griffen nicht ein Mädchen ins Gesicht getreten: Polizei ermittelt nach Gewaltexzess von zwei 13-jährigen Teenagerinnen

Die Polizei hat nach dem Angriff zweier Mädchen in Rastatt Ermittlungen aufgenommen (Symbolbild)
Die Polizei hat nach dem Angriff zweier Mädchen in Rastatt Ermittlungen aufgenommen (Symbolbild)
© Dimitri Drofitsch / Eibner Pressefoto / Imago Images
Die Polizei in Rastatt ermittelt gegen zwei Jugendliche, die ein Mädchen brutal mit Tritten traktiert haben, während Zeugen nicht eingriffen. Die Angreiferinnen sind den Behörden bereits bekannt.

Ein Gewaltexzess zweier Mädchen auf dem Bahnhof von Rastatt (Baden-Württemberg) am vergangenen Sonntagabend sorgt für Fassungslosigkeit – und für Ermittlungen der Polizei. Aufmerksam geworden sind die Beamten auf den Vorfall durch ein Video, das in den sozialen Netzwerken kursiert.

Es zeigt, wie zwei Jugendliche auf einem Bahnsteig nach einem Wortgefecht mit roher Gewalt eine 14-Jährige zu Boden bringen und dann etliche Male auf Oberkörper, Kopf und Gesicht des Opfers eintreten. Mindestens eine weitere Person hat die Tat aus unmittelbarer Nähe gefilmt und ist nicht eingeschritten – auch andere Zeugen unternahmen nach Polizeiangaben nichts. Die 14-Jährige wurde durch die Attacke verletzt und ließ sich ärztlich behandeln. "Lebensgefahr bestand nicht", sagte Wolfgang Kramer, Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Offenburg, dem stern.

Polizei ermittelt nach Gewalttat in Rastatt gegen Mädchen

Die Ermittler sicherten die kursierenden Videoaufnahmen und konnten die jugendlichen Angreiferinnen identifizieren – sie sind erst 13 Jahre alt und ebenso wie das Opfer "allesamt polizeilich bekannt", so die Polizei, unter anderem auch wegen Gewaltdelikten.

Einer der Tatorte ist ein Bahnsteig in Rastatt
Einer der Tatorte ist ein Bahnsteig in Rastatt
© Uli Deck / DPA

Kurz vor der Attacke im Bahnhof Rastatt sollen die 13-Jährigen das ein Jahr ältere Opfer im benachbarten Bietigheim, ebenfalls im Bahnhofsumfeld, angegriffen haben. Außerdem sei die 14-Jährige am Samstag auch in Gaggenau, ebenfalls in der Nähe von Rastatt, in eine gewaltsame Auseinandersetzung verwickelt gewesen, hier jedoch mit einer anderen 13-Jährigen. In diesem Fall wird jedoch auch gegen das Opfer von Rastatt und Bietigheim wegen Körperverletzung ermittelt. Von den Übergriffen existieren den Angaben zufolge ebenfalls Videoaufnahmen, die Polizei konnte die Filmenden zum Teil bereits ermitteln.

Was noch nicht klar ist, ist das Motiv für die Gewalttaten. Nach bisherigen Erkenntnissen kennen sich Opfer und Täterinnen zumindest flüchtig. Die Beamten prüfen auch, ob die Tat mit einem Vorfall aus dem November 2022 in Karlsruhe zusammenhängt. Auch damals wurde eine Prügelattacke von Jugendlichen auf ein Mädchen in einer U-Bahnstation gefilmt.

Im Fall von Rastatt ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen die beiden Angreiferinnen, aber auch wegen möglicherweise unterlassener Hilfeleistung gegen die Zeugen, die nicht eingegriffen oder den Notruf gewählt hatten.

Angreiferinnen sind schuldunfähig

"Wir appellieren, in solchen Fällen zumindest über 110 Hilfe zu rufen und die Situation zu beobachten", sagte Polizist Kramer dem stern. Er rief Zeugen der Taten in Gaggenau, Bietigheim und Rastatt auf, sich bei den Ermittlern zu melden.

Zur Identität der beschuldigten Mädchen will die Polizei mit Ausnahme des Alters keine weiteren Angaben machen – die Persönlichkeitsrechte jugendlicher Verdächtiger genießen in Deutschland besonderen Schutz.

Strafrechtliche Folgen müssen die 13-Jährigen nicht fürchten. Sie gelten nach Strafgesetzbuch als schuldunfähig. Wenn der Fall zu Ende ermittelt ist, übergibt die Staatsanwaltschaft die Akten an das zuständige Jugendamt. Es entscheidet dann über die weiteren Maßnahmen, die von sozialpädagogischer Unterstützung der betroffenen Familien bis zur Unterbringung der Jugendlichen in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie reichen können. 

Trotz der Prügelattacken vom Wochenende in Rastatt – ein größeres Problem mit Jugendgewalt gibt es in der 50.000-Einwohner-Stadt laut Polizeisprecher Kramer nicht. "Aber es gibt natürlich eine Klientel, die wir im Blick haben."

Hinweise von Zeugen zu den Taten nimmt die Polizei unter der Telefonnummer (07222) 7610 entgegen.

Anmerkung der Redaktion: Insbesondere zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des jugendlichen Opfers verbreitet der stern die Videoaufnahmen nicht.

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