Nach der Verbrennung einer Ausgabe der Anne-Frank-Tagbücher im sachsen-anhaltinischen Pretzien ist der Bürgermeister Friedrich Harwig aus der "Linkspartei" ausgetreten. Sein Amt allerdings will er allerdings fürs erste behalten. Harwig soll dem Verein "Heimat Bund Ostelbien" angehören, den der Verfassungsschutz der rechten Szene zuordnet.
Die Gruppe hatte bei einer Sonnenwendfeier am 24. Juni öffentlich das Tagebuch und eine US-Fahne im Gemeindezentrum Pretzien verbrannt - im Beisein des Bürgermeisters. Bei der Veranstaltung sollen mehrere Dutzend Dorfbewohner zugegen gewesen sein, nach der Verbrennung hatte das Ordnungsamt das Treffen aufgelöst.
Anne-Frank-Tagebücher
In dem weltweit bekannten Buch beschreibt die 15 Jahre alte Jüdin Anne Frank die Verfolgung ihrer Familie durch die Nazis während des Dritten Reiches bis zu ihrer eigenen Deportation ins Konzentrationslager. Zu Beginn der Nazidiktatur wurden 1933 an mehreren Orten öffentlich Bücher von Autoren verbrannt, die die Nazis als undeutsch diffamiert hatten.
Antirassistische Gruppen werfen Harwig vor, nichts gegen die Verbrennung unternommen zu haben. Außerdem steht der Bürgermeister in der Kritik, weil er junge Rechte in das Gemeindeleben integrieren wollte.
Ein Sprecher des Vereins Miteinander in Magdeburg, einer Initiative gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, sagte, der Bürgermeister sei offenbar mit der Situation überfordert gewesen. Das Problem sei, dass das Thema Rechtsextremismus im ganzen Landkreis nicht ernsthaft genug angegangen werde. Es herrsche viel Blauäugigkeit.
Weitere Konsequenzen muss der Bürgermeister vermutlich nicht fürchten. Der zuständige Landkreis sehe für Konsequenzen im Moment keine Notwendigkeit, sagte ein Sprecher des Landratsamtes. Allerdings prüfe die Verwaltungsgemeinschaft Schönebeck das weitere Vorgehen in dem Fall.
Gegen die drei mutmaßlichen Täter wird bereits wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, wertete den Vorgang als "schwer wiegende, krasse Grenzverletzung, die das Andenken Ermorderter in den Dreck zieht". Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien zwingend, die Täter müssten die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, sagte er.