Der 1877 geborene Belá Kiss arbeitete als Klempner in einer Werkstatt in Budapest. Im Jahr 1912 zog er mit seiner Frau Maria auf einen Hof in Cinkota, einem kleinen beschaulichen Ort in der Nähe von Budapest. Sein Tagewerk verrichtete er dort als selbständiger Klempnermeister. Doch schon bald zogen dunkle Wolken über das Liebesglück des Paares.
Kiss erzählte den Nachbarn am Ende des gleichen Jahres, dass seine Frau Maria einen anderen Mann kennengelernt habe, mit dem er sie erwischt hatte. Kurze Zeit später soll sie mit dem neuen Liebhaber durchgebrannt und verschwunden sein. Kiss begann daraufhin auf seinem Hof große Metallfässer zu sammeln. Jeder der ihn nach den Gründen dieser sonderbaren Sammelei fragte, bekam als Antwort, dass sie mit Benzin gefüllt seien. Im kommenden Krieg sei das ein wertvolles Gut. Auch einem Polizisten erzählte er davon.
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Kiss traf sehr häufig Frauen
Der Junggeselle machte keine Anstalten, sich eine neue Frau zu suchen. Stattdessen stellte er eine Haushälterin ein, die sich um die Hausarbeit kümmern sollte, die zu der damaligen Zeit üblicherweise eine Ehefrau gemacht hätte. Kiss war in dem Ort sehr beliebt. Er galt als intelligent, war ein fleißiger Arbeiter, großzügig, diskutierte gern und hatte zu allem eine Meinung. Auch soll er sehr gutaussehend gewesen sein. Die unverheirateten Frauen des Ortes waren sehr interessiert an dem Jungesellen. Doch weil es in Cinkota nur eine zu begrenzte Auswahl an Frauen gab, wurde das nahegelegene Budapest wieder interessant für Kiss. Es gibt Belege, dass er per Zeitung Anzeigen schaltete und immer wieder neue Damen mit zu sich auf den Hof brachte. Doch nie lernten jemals Fremde eine der Besucherinnen kennen.
Als Belá Kiss im Jahr 1914 als Soldat eingezogen wurde und sein Mietvertrag auslief, kam der Vermieter zu Besuch auf den Hof. Er wollte prüfen, welche Reparaturarbeiten nötig seien, um das Gebäude neu vermieten zu können. Bei einem Rundgang wurde er auf die Fässer aufmerksam, die dort gelagert waren. Als er eines der davon öffnete, stieß ihm ein ekelhafter Geruch entgegen. Er holte einen benachbarten Apotheker zu Hilfe, der ihm bestätigte, dass der Geruch nur von einem verwesenden Menschen stammen kann. Daraufhin meldete er seinen Fund der Polizei.

24 Fässer mit 24 Leichen
Auf dem ganzen Hof verteilt fanden die Polizisten – zum Teil auch vergrabene – Metallfässer. In jedem befand sich eine erdrosselte und gefesselte Frauenleiche. Sie waren durch Holzalkohol so gut konserviert, dass ihre Gesichter noch erkennbar waren. Die Haushälterin, die noch auf dem Hof wohnte, war fassungslos über die Entdeckungen und beteuerte, nichts von dieser düsteren Seite ihres Hausherren gewusst zu haben. Sie zeigte den Ermittlern das Zimmer von Kiss, wo sich Briefe und Fotos von mehr als hundert Frauen fanden. Alle antworteten auf Heiratsanzeigen aus der Tageszeitung, die an einen gewissen "Hoffmann" adressiert waren. Es stellte sich heraus, dass Kiss sich häufig mit Frauen traf, die in seiner Nähe wohnten. Dabei achtete er gezielt darauf, dass sie Ersparnisse hatten und dass in der Nähe keine ihrer Verwandten wohnten.
Er begann Beziehungen mit ihnen, machte Heiratsversprechen und forderte irgendwann – mit wechselnden Begründungen – Geld von ihnen. Manchmal erhielt er gar sämtliche ihrer Ersparnisse. Falls Geld dann zurückgefordert wurde und die Frauen ihm mit der Polizei drohten, bedeutete das ihren Tod.
Insgesamt fanden die Ermittler 24 Fässer auf dem Hof und in ganz Cinkota verteilt. In jedem befand sich eine Frauenleiche, außer in einem. Darin soll die Leiche des Mannes gewesen sein, mit dem ihn einst seine Frau Maria betrog. Und auch sie selbst soll in einem der Fässer gesteckt haben.

Der Serienmörder-Fall gilt sofort als abgeschlossen
Weil Belá Kiss 18 Monate nach seinem Einzug in die Armee im Krieg getötet wurde, galt der Fall ab diesem Zeitpunkt bereits als abgeschlossen. Doch in der Folgezeit musste sich die Polizei wieder und wieder mit Kiss beschäftigen: Viele Menschen hörten von der Geschichte des "Monsters von Cinkota", auch in der Zeitung lasen sie davon. Bei der Polizei gingen immer wieder Meldungen ein, dass Belá Kiss irgendwo gesehen wurde: 1919 bei einem Spaziergang in Budapest, 1924 bei der französischen Fremdenlegion, 1932 in New York auf dem Time Square. Das Kuriose daran war, dass sich jener Polizist, der Kiss in New York erkannt haben will, extrem gut Gesichter merken konnte. Heute würde man ihn wohl als Super Recogniser bezeichnen. Schließlich kam 1936 auch noch das Gerücht auf, Kiss arbeite inzwischen als Hausmeister in New York.
Bis heute fragen sich Menschen daher, ob Kiss wirklich im Krieg gefallen ist oder ob er seinen Tod nur vorgetäuscht hat. Dumm sei er nie gewesen und er hätte sich im Chaos des Schützengrabens leicht die Papiere eines gefallenen Kameraden schnappen können. Wenn das der Fall war, wäre anzunehmen, dass einer der berüchtigtsten Mörder Ungarns viel mehr als 24 Menschen auf dem Gewissen gehabt hat.
Quellen: "Die große Enzyklopädie der Serienmörder", "CrimeLibrary" (WebArchiv),