Crime Story Der Bierkönig

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  • von Marc Bädorf
Ein Leben und drei Tode in sechs Kapiteln.
Mallorca, Bierkönig, Auftritt von Antonia aus Tirol
Mallorca, Bierkönig, Auftritt von Antonia aus Tirol
© Samuel Zuder/ laif

An einem Strand südöstlich der mallorquinischen Hauptstadt Palma, mittig der Straße, die eigentlich Carrer del Pare Bartomeu Salvà heißt, allgemein aber bloß als Schinkenstraße bekannt ist, liegt ein Etablissement, das, obwohl es offensichtlich nicht in Deutschland ansässig ist, zu den berühmtesten der Bundesrepublik zählt: der Bierkönig.

Der Bierkönig schluckt zwischen Juni und Oktober, wenn die Deutschen nach Mallorca strömen, Tausende Touristen am Tag, empfängt sie ab halb zehn am Morgen und spuckt sie gegen Morgengrauen, wenn sie betrunken sind von Bier aus Literkrügen und Sangria aus Eimern, wieder aus. Der Bierkönig verfügt auf 6500 Quadratmeter Fläche über Platz für 3500 Gäste und etwa 15 Lieder, die in Dauerschleife gespielt werden.

In der Saison wird auf Mallorca gefeiert, außerhalb geruht
In der Saison wird auf Mallorca gefeiert, außerhalb geruht
© Tomeu Coll

Diese Lieder tragen Titel wie „Mama Laudaaa“, „Inselverbot“, „Sie ist vorne gut gebaut“, „Scheiß auf Schickimicki“, und alle paar Tage treten die Sänger und Sängerinnen dieser Lieder im Bierkönig auf. Die beliebten (eine ehemalige Pornodarstellerin, ein ehemaliger Schäfer, ein ehemaliger Schrotthändler, ein ehemaliger Friseur) werden dann bejubelt, die unbeliebten (eine ehemalige Dschungelcamp-Bewohnerin, eine ehemalige Gewinnspiel-Moderatorin, ein ehemaliger Heizungsverkäufer) ausgebuht oder von der Bühne gejagt. Den Betreibern des Bierkönigs ist das egal, ob sie jubeln oder buhen – saufen tun die Leute bei beidem. 

Der Liter Wodka-Lemon kostet 14,50 Euro, der Liter Cuba Libre ebenfalls, der halbe Meter Bratwurst 3,90. Der Bierkönig ist eine vorzüglich laufende Gelddruckmaschine.

Doch der Mann, der den Grundstein legte für das, was der Bierkönig heute ist, und den die Insulaner, wie sein Geschäft, „Rey de la Cerveza“ nannten, erlebte die wahrhaft goldenen Zeiten seines Ladens nicht mehr.

Er wurde, was kaum jemand unter den hier Feiernden weiß, auf niederträchtigste Art und Weise hingerichtet.

Erschienen in stern Crime 21/2018