Nach dem tödlichen Terroranschlag auf den Boston-Marathon verfolgen die Ermittler nach eigenen Angaben eine konkrete Spur. Auf Überwachungsvideos sei ein Verdächtiger identifiziert worden, verlautete aus den Sicherheitsbehörden. Polizei und die Staatsanwaltschaft dementierten aber Berichte, wonach ein Verdächtiger festgenommen worden sei. Eine für Mittwochabend angekündigte Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen wurde von der US-Bundespolizei mehrfach verschoben und schließlich ganz abgesagt.
Wie der Sender CNN berichtete, suchen die Fahnder nach zwei verdächtigen Männern, die am Tag des Anschlags nahe der Marathon-Ziellinie fotografiert worden waren. Einer der Männer habe einen schwarzen Rucksack getragen. Zudem sei ein Verdächtiger mit einer weißen Baseball-Kappe, einem hellen Kapuzenshirt und einer schwarzen Jacke bekleidet gewesen, hieß es unter Berufung auf zwei mit den Ermittlungen vertraute Behördenvertreter. Es sei bislang aber noch nicht gelungen, die Verdächtigen namentlich zu identifizieren.
Die Zeitung "Boston Globe" berief sich auf Ermittlungen, wonach ein Verdächtiger am Ort der zweiten Explosion in der Boylston Straße eine schwarze Tasche getragen und womöglich dort abgelegt habe. Die Kamera eines auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Geschäfts habe klare Bilder vom Tatort geliefert, hieß es. Unklar war jedoch, ob auch der Verdächtige von dieser Kamera gefilmt wurde.
Gouverneur bittet um Geduld
Die Ermittler kämen voran, sagte der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick, bei CNN. Mit "jeder Stunde" sei man der Lösung des Falls näher. Zugleich bat er aber um Geduld. "Wenn sie (die Ermittler) damit fertig sind, sich ein komplettes Bild zu machen, werden sie uns sagen, wie dieses Bild aussieht", sagte Patrick.
Zuvor hatten die Sicherheitsbehörden weitere Einzelheiten zur Bauart einer der Bomben bekanntgegeben. Demnach bestand sie aus mit einem Zünder versehenen Schnellkochtopf, der neben Schwarzpulver auch Nägel und Metallteile enthielt. Teile des Topfdeckels wurden CNN zufolge am Mittwoch auf einem Hausdach in der Nähe der Ziellinie gefunden. Ob auch die zweite Bombe aus einem Schnellkochtopf gebaut war, sei noch unklar. Beide Sprengsätze wurden nach FBI-Angaben vermutlich in schwarzen Nylontaschen zum Tatort gebracht.
Bei der Explosion der Bomben waren ein achtjähriger Junge, eine 29 Jahre alte Amerikanerin und eine Studentin aus China getötet worden. Am Mittwoch schwebten immer noch zwei der mehr als 180 Verletzten in Lebensgefahr. Der Zustand von zehn weiteren sei ernst, meldete CNN unter Berufung auf das Bostoner Traumazentrum.
Kein Hinweis auf ausländische Täter
Die Spekulationen über die Täter reichten von einer Tat islamistischer Terroristen bis hin zu einem fanatischen Einzeltäter mit unbekannten Motiven. Als Konsequenz kommen weltweit Sicherheitskonzepte großer Sportveranstaltungen auf den Prüfstand. Die US-Behörden haben nach CNN-Informationen aber keine Hinweise darauf, dass das Terrornetzwerk al Kaida oder eine andere ausländische Gruppe hinter dem Anschlag von Boston steckt.
Präsident Barack Obama will am Donnerstag an einem Gedenkgottesdienst für die Anschlagsopfer in Boston teilnehmen. Die Flaggen an öffentlichen Gebäuden im Land wehen bis Samstagabend auf halbmast. Bereits am Dienstagabend erinnerten Hunderte Menschen bei kurzfristig organisierten Gedenkfeiern in Boston an die Opfer.