Blankes Entsetzen und Chaos in der südbadischen Stadt Lörrach: Bei einer Schießerei in einem Mehrfamilienhaus und dem benachbarten Elisabethen-Krankenhaus hat es Tote und Verletzte gegeben. Wie viele und wer - zunächst ist alles unklar. Die Meldungen überschlagen und widersprechen sich minütlich. Schließlich steht fest: Vier Menschen, darunter die Amokschützin und ein kleines Mädchen, sind tot.
Nach Angaben der Polizei lief die Schreckenstat so ab: Zunächst gibt es eine Explosion und einen Brand in einem Mehrfamilienhaus im Zentrum der rund 55.000-Einwohner-Stadt. Als die alarmierte Feuerwehr anrückt, um zu löschen, hört sie eine Schießerei im Haus. Die Polizei wurde gerade alarmiert, als eine mit einem Gewehr bewaffnete Frau auf die Straße rennt und in die Klinik gegenüber flüchtet.
Polizeibeamte versuchen, die Frau zu stellen. Ein weiterer Schusswechsel folgt. Die Frau erschießt einen Pfleger des Krankenhauses - und verletzt einen Polizeibeamten, der sich privat in der Klinik aufgehalten hatte, lebensgefährlich und zwei weitere Personen. Schließlich wird die Täterin von der Polizei erschossen. Die Klinik wird teilweise geräumt.
"Die Lage ist unübersichtlich"
Inzwischen ist die Feuerwehr in das Haus eingedrungen, in dem das Drama begann und macht dort eine grausige Entdeckung: Sie findet einen Mann und ein Mädchen - beide tot. Wie alt die beiden sind und ob sie mit der Täterin verwandt sind - "wir wissen es nicht". "Die Lage ist unübersichtlich", sagt ein Polizeisprecher. Welche Verletzungen die beiden Leichen haben - es ist ebenfalls nicht klar. "Die Arbeit der Rechtsmedizin ist in vollem Gange", sagt die Polizei.
Anfänglich sah es nach einem Routineeinsatz aus: Kurz nach 18 Uhr war die Lörracher Feuerwehr zu dem Brand gerufen worden. Statt aber sofort mit den Löscharbeiten beginnen zu können, müssen sich die Einsatzkräfte angesichts der Schüsse selbst in Sicherheit bringen.
Jagdszenen im Klinikgebäude
Polizei und Rettungsdienste lösen Großalarm aus. Mehrere Hundert Helfer aus ganz Südbaden eilen nach Lörrach. Die Blaulichter der Einsatzfahrzeuge sind in der ganzen Stadt zu sehen. Bewaffnete und mit schutzsicheren Westen ausgestattete Beamte stürmen das mitten in einem Wohngebiet in der Innenstadt liegende Krankenhaus und dessen weitläufiges Gelände. Anwohner beobachten regelrechte Jagdszenen im Klinikgebäude und den angrenzenden Straßen.
"Das ist ein Szenario, wie wir es alle fürchten", sagt ein Sprecher des Rettungsdienstes angesichts der chaotischen Situation. "Es war lange unklar, ob noch weiter geschossen wird", sagt ein Polizeisprecher. "Wir hatten eine höchst unübersichtliche und sehr gefährliche Lage." Erst Stunden nach den ersten Schüssen beruhigt sich die Lage. Die Feuerwehr braucht auf der anderen Straßenseite knapp zwei Stunden, bis sie das Feuer unter Kontrolle hat.
Suche nach dem Tatmotiv
Das Motiv der Schützin ist weiterhin unklar. Ob es sich bei den Toten um den Ehemann und die Tochter der Amokläuferin handelte konnte der Polizeisprecher zunächst nicht sagen. Das Kind soll drei oder vier Jahre alt gewesen sein, der Mann war "mittleren Alters". Der angeschossene Polizeibeamte ist mittlerweile außer Lebensgefahr. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen von einer Beziehungstat aus. Die genauen Hintergründe müssten aber erst noch geklärt werden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer am Sonntagabend auf einer Pressekonferenz.
Laut eines Augenzeugen ist die Amokläuferin gezielt in die gynäkologische Abteilung des St. Elisabethen-Krankenhauses gerannt und hat dort einen Pfleger erschossen. Sie sei in der Klinik "schnurstracks ... auf die Gynäkologie" gelaufen, berichtete der Augenzeuge im Nachrichtensender n-tv.
Zuvor habe es in dem benachbarten Mehrfamilienhaus einen "Krach und richtigen Bums" gegeben, als sei irgendetwas in die Luft geflogen, so der Augenzeuge. Anschließend sei die "rote Frau mit dunkler Hose" aus dem Gebäude gerannt, habe eine Waffe geladen und auf dem Weg ins Krankenhaus einen Menschen angeschossen.
Ein Nachbarjunge berichtete im Sender "Radio Regenbogen" von dramatischen Szenen in dem Mehrfamilienhaus. Dort habe es im Eingang des Erdgeschosses gebrannt. Bewohner hätten "Hilfe, Hilfe, Hilfe" gerufen. Das ganze Treppenhaus sei voller Rauch gewesen. Minutenlang seien Schüsse gehört worden.