Ein seit sechs Jahren vermisster britischer Junge ist zurück in seiner Heimat. Der 17-jährige Alex Batty flog am Samstag mit KLM von Toulouse über Amsterdam nach London, wie die britische Polizei mitteilte. Dabei wurde er von britischen Polizeibeamten und einem Familienmitglied begleitet, wie Matt Boyle von der Polizei in Manchester mitteilte. Er war 2017 mit seiner Mutter und seinem Großvater, die eigentlich ein Kontaktverbot hatten, in den Urlaub nach Spanien gereist – aber kam nie wieder.
Das Trio lebte in den folgenden Jahren mit einer wandernden spirituellen Gemeinschaft vor allem in Südfrankreich, aber auch in Spanien und Marokko. Vor kurzem meldete sich der Teenager auf einer französischen Polizeiwache, nachdem er heimlich die Gruppe – nach Angaben seiner sorgeberechtigten Großmutter eine Sekte – verlassen hatte und mehrere Tage durch die Gegend gewandert war. Der 17-Jährige habe in Toulouse seinen Stief-Großvater sowie britische Polizisten getroffen und sei mit ihnen nach Großbritannien geflogen, teilte die Polizei weiter mit.
Großmutter: "Kann es nicht abwarten, mit ihm vereint zu sein"
"Dieser Moment war zweifellos gigantisch für ihn und die ihm nahestehenden Menschen, und wir sind froh, dass sie sich nach all dieser Zeit wiedersehen konnten", sagte der Polizeivertreter. Die Priorität liege nun darauf, für das Wohlergehen Battys und seiner Familie sowie seine "möglichst rasche Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu sorgen". Zu den Umständen seines Verschwindens solle der Teenager im passenden Moment befragt werden. Diese Befragungen würden ein "schwieriger Prozess" für den jungen Mann, räumte Boyle ein. Erst danach werde die Behörde über die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen entscheiden, sagte Boyle.
Batty soll zu seiner Großmutter mütterlicherseits zurückkehren, die das Sorgerecht für ihn erhalten hatte, bevor er von seiner Mutter entführt worden war. "Ich kann es nicht erwarten, ihn zu sehen, wenn wir wiedervereint sind", erklärte die Großmutter Susan Caruana in einer von der Polizei veröffentlichten Mitteilung.
Alex Batty war elf Jahre alt, als er mit seiner Mutter und seinem Großvater in Spanien im Urlaub war. Am Ende des Urlaubs erhielt die Großmutter ein Video, in dem ihre Tochter ihr ankündigte, nicht mehr nach Großbritannien zurückzukehren. Seitdem waren die drei unauffindbar. "Sie lehnten meinen Lebensstil und meine Überzeugungen ab, (...) sie wollten nicht, dass Alex auf eine Schule geht", sagte Caruana später in einem Interview. Immer wieder rief sie vergeblich in britischen Medien dazu auf, dass Alex sich melden solle.
Nach Berichten der französischen Zeitung "Dépêche du Midi" hatten die drei sich einer Gruppe von Aussteigern angeschlossen, die in den Pyrenäen in Zelten, Wohnwagen oder Hütten lebten.
Französischer Lieferant las Alex Batty auf der Straße auf
Vor einigen Tagen entdeckte dann ein französischer Lieferant den Jugendlichen, der allein im Regen mit einer Taschenlampe und einem Skateboard unterwegs war. Er bot ihm an, ihn bis in den nächsten Ort mitzunehmen und erfuhr unterwegs dessen haarsträubende Geschichte.
"Er erzählte mir, dass seine Mutter ihn vor Jahren entführt hatte und dass er in einer Art spirituellen Gemeinschaft in den Bergen gelebt hatte", berichtete der Lieferant Fabien Accidini. Seine Mutter sei "ein bisschen seltsam drauf". Accidini suchte den Namen des Jugendlichen im Internet und stellte fest, dass dieser seit Jahren als vermisst galt.
"Wir haben die Gendarmerie angerufen, die haben uns abgeholt", sagte Accidini. "Es ging ihm gut, er war bloß sehr müde und ist auf der Polizeiwache direkt eingeschlafen." Der Junge sei nicht misshandelt worden, er habe lediglich sein eigenes Leben führen und zu seiner Großmutter zurückkehren wollen.