Bei einem schweren Zugunglück sind in dem spanischen Küstenort Castelldefels südwestlich von Barcelona mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. 17 weitere seien verletzt worden, teilte der Zivilschutz in der Nacht zum Donnerstag mit. Die Opfer wurden im Bahnhof der katalanischen Ortschaft von einem Schnellzug erfasst, als sie die Gleise überqueren wollten, um an den Strand zu gelangen. Dort wollten sie nach altem Brauch an einem Johannisfeuer teilnehmen, um die Sommersonnenwende zu feiern, wie es hieß. Der Zustand von drei der Verletzten sei kritisch, teilten die Notdienste mit.
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Bei den Katalanen ist der kleine Küstenort Castelldefels wegen seines breiten Sandstrandes als Sommerfrische beliebt. Zu dem 20 Kilometer südwestlich von Barcelona gelegenen Ort führt die Bahnstrecke Richtung Valencia und Alicante. Das Unglück ereignete sich nicht im Bahnhof Castelldefels, sondern am kleinen Haltepunkt "Castelldefels Platja", der nur aus einem Gleis für den Fern- und Regionalverkehr und Bahnsteig pro Fahrtrichtung besteht. Nach Angaben spanischer Medien war die Fußgängerbrücke seit Oktober wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Nur durch einen Fußgängertunnel unter den Gleisen können die Fahrgäste den Strand erreichen.
In der
Nit de Sant Joan
, der Johannisnacht, die in den skandinavischen Ländern als Mitsommernacht begangen wird, herrscht in Barcelona der Ausnahmezustand. In der kürzesten Nacht des Jahres wird ausgiebig gefeiert. Auf Straßenkreuzungen und Plätzen Barcelonas brennen hohe Berge aus Holz und alten Möbeln. Im Laufe der Party-Nacht fahren viele Jugendliche ans Meer, um am Strand weitere Lagerfeuer zu entfachen und den Sonnenaufgang zu begrüßen.
Augenzeugen berichteten, die größtenteils jungen Opfer hätten direkt die Gleise überquert, statt einen Fußgängertunnel oder eine Brücke zu benutzen. Ein Überlebender sagte, die Brücke sei gesperrt und der Tunnel angesichts der Menschenmenge überfüllt gewesen. Die Staatsbahn Renfe wies diese Darstellung nach Rundfunkberichten zurück und sprach von Fahrlässigkeit.
"Als würde jemand Steine zermalmen"
Die Jugendlichen waren kurz vor dem Unglück in einem Nahverkehrszug aus Barcelona in Castelldefels eingetroffen. Auf den Gleisen wurden sie von einem durchfahrenden Schnellzug erfasst, der aus Valencia kam und nach Barcelona fuhr. Dieser kam erst mehrere Hundert Meter nach dem Aufprall zum stehen.
"Es war brutal. Es hörte sich an als würde jemand Steine zermalmen, dabei waren es Menschen", erzählte der Besitzer des Bahnhof-Ladens wie unter Schock. "Alles war voller Blut und Leichenteile", sagte ein Anwohner. Rund 40 Krankenwagen und Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr eilten zu dem Unglücksort. Noch in der Nacht trafen auch erste Angehörige der Opfer ein. Der Zivilschutz brachte sie in eine Stadthalle der 62.000 Einwohner zählenden Gemeinde. Dort wurden sie von Psychologen betreut.