Erdbeben "Ihre letzten Worte waren 'Papa, Papa'"

Nach dem schweren Beben in Indonesien haben die Überlebenden damit begonnen, erste Massengräber auszuheben, um ihre toten Angehörigen zu beerdigen. Die Krankenhäuser sind derweil völlig überlastet.

"Ich konnte meiner Frau nicht helfen", schluchzt der 70-jährige Subarjo im indonesischen Erdbebengebiet. "Ich habe versucht, meine Kinder zu retten", berichtet er, neben der Leiche seiner Frau sitzend. "Und dann stürzte das Haus ein. Ich konnte ihr nicht helfen." Und auch ein anderer Überlebender ist untröstlich: Als Poniran seine Tochter aus den Trümmern seines Hauses zog, lebte die Fünfjährige noch. Doch sie starb in seinen Armen, während beide in einem überfüllten Krankenhaus auf Behandlung warteten. "Ihre letzten Worte waren 'Papa, Papa'", sagt Poniran. "Ich muss wieder bei Null anfangen."

Das Beben der Stärke 6,3 überraschte am Samstag um 05.54 Uhr Ortszeit viele Menschen im Schlaf. Häuser, Hotels und Regierungsgebäude auf der Insel Java stürzten ein, Einwohner rannten in Panik durch die Straßen. Mehr als 4.300 Menschen kamen bei der Katastrophe ums Leben, 80 Prozent der Häuser im Bezirk Bantul wurden dem Erdboden gleich gemacht. Viele Straßen und Brücken wurden zerstört. Taxis und private Kleinlastwagen, die zum Transport von Verletzten benutzt werden, können deswegen Krankenhäuser nicht erreichen.

"Es gbit so viele Opfer"

Dennoch sind deren Notaufnahmen völlig überlastet. Ärzte bemühen sich um Hilfe für tausende Verletzte. Hunderte von ihnen - Männer, Frauen und Kinder - liegen auf Plastikplanen, Strohmatten und blutgetränkten Zeitungen im Freien. Infusionsbeutel werden an Bäumen befestigt. Überall sind Schmerzensschreie zu hören. Es gebe zu wenig Chirurgen, klagt ein Arzt des Sardjito-Krankenhauses in Yogyakarta. Viele Patienten drohten an inneren Blutungen und anderen Verletzungen zu sterben, wenn sie nicht rasch Hilfe erhielten. Ein anderer Sprecher der Klinik sagt, man wisse nicht, wohin mit den hunderten Verletzten. Auch der Parkplatz werde zur Behandlung der Patienten genutzt.

"Ich rannte aus meinen Haus, als ich von einem Betonbrocken getroffen wurde", berichtet der 50-jährige Sugiman, der vor dem Bethesda-Krankenhaus wie hunderte andere Patienten auf einer Matte liegt. "Wir brauchen hier Hilfe", sagt ein Sprecher des Muhammadiyah-Krankenhauses in Bantul, dem Zentrum des Bebens am nächsten gelegen. "Es gibt so viele Opfer. Häuser sind dem Erdboden gleich gemacht worden. Viele Menschen müssen noch in Sicherheit gebracht werden." Einige Familien holen ihre toten Angehörigen bereits aus Krankenhäusern ab, bevor diese offiziell registriert werden konnten.

Die Toten liegen in der gleißenden Sonne

In manchen Orten im besonders schwer betroffenen Bezirk Bantul werden Massengräber ausgehoben. Unter der gleißenden Sonne liegen Tote aufgereiht. Dorfvorsteher listen ihre Namen auf, um sie der offiziellen Zählung hinzuzufügen. Einsatzkräfte bemühen sich darum, weitere Leichen aus den Trümmern der Häuser zu bergen.

In Yogyakarta, einer Stadt mit einer Million Einwohnern, berichtet der Rezeptionist eines Hotels, alle seien bei dem Beben verängstigt aus ihren Zimmern gelaufen. "Es hat sich wirklich heftig angefühlt, und das ganze Gebäude hat gebebt", sagt Narman. Im Chaos nach dem Erdstoß machten Gerüchte über einen drohenden Tsunami die Runde. Tausende Menschen flüchteten sich auf höheres Gelände. Eine Flutwelle blieb jedoch aus.

"Uns fehlt alles"

Doch das Leid ist auch ohne Tsunami immens: "Die Zahlen steigen einfach immer weiter", sagt Arifin Muhadi vom Indonesischen Roten Kreuz mit Blick auf die Opfer. Und auf die Überlebenden kommen schwere Zeiten zu, viele verloren ihren gesamten Besitz bei dem Beben. Dorfbewohner suchen am Sonntag in den Trümmern ihrer Häuser nach Verwertbarem und Erinnerungsstücken. "Uns fehlt alles - Kleidung, Nahrung, Wasser, alles ist weg", sagt der 63-jährige Budi Wiyana, dessen Haus zerstört wurde. "Wir sind zwar arme Leute, aber unser Leben ist trotzdem noch etwas wert."

AP
Irwan Firdaus/AP

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