Meinung Lautestes Schnurren der Welt – dieser Guinness-Rekord ist eine penetrante Tierfutter-Werbung

Eine Katze mit Mikro beim Rekordveruch für Guinness World Records
Soundcheck mit Bella: Die Katze erbrummte sich bei Guinness World Records den Weltrekord im Schnurren – und macht dabei kräftig Werbung für Tierfutter.
© Guinness World Record/Whiskas/PA Media/dpa / DPA
Eine Katze, die extrem laut schnurrt – das ist interessant für Tierfreunde. Leider ist in dem aktuellen Highlight aus dem Guinness-Buch der Rekorde eine aufdringliche Werbung verpackt.

Diese Geschichte hat alles, was ein Publikumsmagnet im Internet braucht: einen lustigen Weltrekord, sympathische Protagonisten und skurrile Juroren, die mit Hightech in das Wohnzimmer einer englischen Familie einrücken, die Fenster abdecken gegen Störgeräusche und bierernst testen, wie laut Katze Bella schnurren kann. Der gestreifte Stubentiger liegt entspannt auf seinem Deckchen, legt los und brummt so "laut wie ein Wasserkocher", was beinahe so geräuschvoll sei wie eine Waschmaschine. Bella bringt es an diesem Tag auf 54,6 Dezibel.

Damit ist die 14-jährige Mieze aus Huntingdon in Camebridgeshire laut dem Guinness-Buch der Rekorde die am lautesten schnurrende Katze, die derzeit auf der Welt lebt. Medien in aller Welt berichten darüber, bis hin zur – meist ebenso bierernsten – Deutschen Presse-Agentur. Es gab in der Vergangenheit laut Guinness noch lautere Vertreter, aber die sind mittlerweile im Katzenhimmel.

Den aktuellen Schnurr-Rekord teilte die Organisation Guinness World Records am Dienstag mit, samt aller Details zu der Rekordhalterin, ihrer Familie und einem Video, in dem genau gezeigt wird, wie Katze Bella sich ihren Weltrekord erbrummte.

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Nur bei dem "Wie" stutzen manche Zuschauer vermutlich. Hat die Katzenbesitzerin vergessen, das "Whiskas-Paket" aus dem Bild zu nehmen, als der Rekordversuch von der Guinness-Crew gefilmt wurde? Und warum hat Bellas Napf die charakteristische lila Farbe der Tierfuttermarke?

Viele Guinness-Rekorde aus dem Tierreich

Guinness World Records ruft immer wieder Tierhalter in aller Welt zu Rekordversuchen auf – beispielsweise für den ältesten Hund der Welt. Bei dem aktuellen Schnurr-Rekord von Katze Bella rückt jedoch die Katzenfutter-Reklame extrem in den Vordergrund, sowohl im Text als auch im Bild. Zumindest als Zuschauer aus Deutschland erwartet man einen Guinness-Weltrekord – und keine Reklame, die nicht als solche vor dem Beitrag angekündigt wird. Lediglich am Ende des Artikels gibt Guinness World Records beim Copyright an "2023 Mars and affiliates".

Das alles macht es sogar schwer, über die tierische Höchstleistung in einem hiesigen Medium zu berichten. Man denke an all die Fälle von – teils auch unbeabsichtigter – Schleichwerbung, die es in der Vergangenheit beispielsweise bei Fernsehshows gab.

Soll ich jetzt wiedergeben, dass die Katzenbesitzerin am Rekord-Tag Bammel hatte, dass Bella zum offiziellen Soundcheck versagen könnte. Aber als das Tier sein Lieblingsfutter bekommen hatte, habe dem Rekord nichts mehr im Wege gestanden? Zusammengefasst so steht es in der Pressemeldung bei Guinness World Records.

Gesetze und Gepflogenheiten zu Werbung und Schleichwerbung sind international sehr unterschiedlich. Für Zuschauer aus Deutschland kommt die jüngste Tiergeschichte im Guinness-Buch der Rekorde wie eine penetrante Tierfutterwerbung daher, was die Aufmerksamkeit weglenkt von einer an sich interessanten Geschichte.

Das ist sehr schade, denn der Beitrag über das lauteste Schnurren der Welt hat eigentlich wirklich alles, was Tierfreunde fasziniert.

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