Giftige Gase verhindern die Rettung von 29 vermissten Bergleuten aus einer neuseeländischen Kohlemine. Die Einsatzzentrale erklärte, die Konzentration von Methan und Kohlenmonoxid sei immer noch zu hoch, um Rettungskräfte in die Pike River Mine zu schicken. Dort hatte sich am Freitag eine Explosion ereignet. Zwei Kumpel konnten sich aus eigener Kraft an die Oberfläche retten. "Leider können wir nicht einfach Masken und Schutzkleidung anziehen und reinlaufen", sagte Polizeichef Gary Knowles dem Fernsehsender TV One. Einen Tag lang beoachteten die Rettungskräfte die Entwicklung und nahmen immer wieder Luftproben. Allerdings zeigte sich, dass die Konzentration der giftigen Gase nicht deutlich zurückging. Knowles erklärte, die Luft solle am Sonntagmorgen (Ortszeit) erneut geprüft werden. Solange könne man nur warten. Er zeigte sich dennoch zuversichtlich, die Männer lebend zu bergen. "Dies ist eine Such- und Rettungsoperation und wir werden diese Jungs nach Hause holen", sagte er.
"In Chile sind die Bergleute lebend herausgekommen"
In der Mine habe sich wahrscheinlich Kohlegas entzündet, sagte Peter Whittall, Chef der Betreiberfirma Pike River Coal. Kurz vor der Explosion sei in der Mine der Strom ausgefallen, so dass es möglicherweise Probleme mit der Belüftung gegeben habe. So habe sich Gas ansammeln können. Der Stromausfall behinderte auch am Samstag die Bemühungen, Sauerstoff für die Eingeschlossenen in den Berg zu pumpen. Whittal erklärte jedoch, die Kompressoren arbeiteten wieder. "Es ist möglich, dass die Männer am Ende der Tunnelröhre sitzen und warten und sich fragen, warum wir uns so lange Zeit lassen", erklärte er.
Die Angehörigen der Vermissten zeigten sich verärgert über die mangelnden Fortschritte bei der Bergung. "Wenn es nach mir ginge, dann wäre ich schon längst dort unten", sagte Laurie Drew, dessen 21-jähriger Sohn vermisst wurde. Er trug die Jacke seines Sohnes, "damit ich sie ihm geben kann, wenn er rauskommt". Bei den Vermissten handelt es sich um 16 Pike-River-Angestellte und 13 Mitarbeiter lokaler Auftragnehmer. Sie sind zwischen 17 und 62 Jahre alt. Ministerpräsident John Key sagte nach einem Besuch bei den Angehörigen der Vermissten, natürlich sei die Angst groß. Er habe sie jedoch aufgefordert, die Hoffnung nicht aufzugeben. "In Chile sind 33 Bergleute lebend herausgekommen", erklärte er.
"Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie emotional das ist"
Der Bürgermeister von Greymouth, Tony Kokshoorn, sprach von einer frustrierenden Situation und herz-zerreißenden Szenen. "Die ganze Stadt steht still. Wir versuchen, damit fertig zu werden. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie emotional das alles ist." Zuversichtlich zeigte sich der Experte für Sicherheit im Bergbau, David Feickert. Die River-Pike-Mine verfüge über zwei Ausgänge, während es bei dem Unglück in Chile nur einen gegeben habe. Das Kohleflöz in Neuseeland liegt nur rund 200 Meter unter der Oberfläche und wird über einen 2,3 Kilometer langen, horizontalen Tunnel erreicht. Betreiber Whittal erklärte, das mache eine Rettung leichter als über einen steilen Schacht. Jeder der Vermissten trug nach Unternehmensangaben Sauerstoff für 30 Minuten bei sich. Damit hätten sie genug Zeit gehabt, weitere Sauerstoffvorräte in der Mine zu erreichen. Diese könnten ihr Überleben mehrere Tage sichern.
Die Polizei "bleibe positiv", dass die Verunglückten lebend gefunden werden, hieß es in einem Bericht der britischen BBC. Wann die Rettungskräfte wirklich ins Bergwerk können, war am Samstag weiter unklar. Ein 16 Mann starkes Team stehe bereit.
Die neuseeländischen Bergwerke gelten generell als sicher. In den vergangenen 114 Jahren kamen in den Minen 181 Menschen ums Leben. Das schwerste Unglück ereignete sich im März 1896, als 65 Arbeiter bei einer Gasexplosion getötet wurden. Ort des Unglücks war damals die Pike-River-Mine.