Moskau Markthallendach unter Schneelast eingestürzt

Beim Einsturz des schneebedeckten Dachs einer Moskauer Markthalle sind mindestens 49 Menschen gestorben. Rettungskräfte kämpfen um das Leben weiterer Verschütteter.

Spürhunde suchen in den Trümmern nach Überlebenden, die sich mit Klopfzeichen oder Rufen bemerkbar gemacht hatten. Bis zum frühen Abend wurden 49 Tote und 31 Verletzte aus den Trümmern geborgen, teilte der Zivilschutz mit. Flammen und starker Rauch erschwerten die Arbeiten. Als das Stahlbeton-Dach am frühen Morgen einstürzte, hatten sich nach Schätzungen zwischen 100 und 150 Menschen in dem Gebäude aus den 70er Jahren aufgehalten..

Der Markthändler Oktaj Salmanow stand noch Stunden nach der Tragödie unter Schock. "Meine drei Schwestern sind in der Halle umgekommen", sagt der junge Mann aus dem Kaukasusstaat Aserbaidschan. "Ich selbst war nur zu einer kurzen Verschnaufpause nach draußen gegangen." Auch der 22-Jährige war kurzfristig verschüttet gewesen und hatte das Bewusstsein verloren. Als er Minuten später wieder zu sich kam, sah er nur noch die Trümmer der großen Halle vor sich, die von dem 2000 Quadratmeter großen Dach eingedrückt worden war. Die Einsatzkräfte seien erst mit Verspätung eingetroffen, beklagt Salmanow.

Bergung mit großen Hindernissen

Beißender Gestank von verschmortem Plastik behinderte ab dem Nachmittag die Arbeit der Spürhunde. Möglicherweise löste Funkenschlag von elektrischem Schneidwerkzeug das Feuer aus. Der Brand sei an Stellen ausgebrochen, wo keine Verschütteten mehr vermutet würden, sagten Rettungskräfte. Zivilschutzminister Sergej Schoigu berichtete, dass sich einige Überlebende in Kellerräume geflüchtet hätten. Am Mittag hatte es geheißen, dort steige das Wasser aus geplatzten Leitungen bedrohlich an. Mit Hilfe ihrer Mobiltelefone gaben einige der Verschütteten Lebenszeichen.

Der Unfall ereignete sich gegen 5:00 Uhr Ortszeit (3:00 MEZ), als sich fast ausschließlich Angestellte des Marktes im Gebäude aufhielten. Weil in Russland der "Tag des Vaterlandverteidigers" gefeiert wurde, waren nur wenige Kunden so früh schon auf den Beinen, berichteten russische Medien.

Angehörige wollten das Gelände stürmen

Ein starkes Polizeiaufgebot riegelte den Unfallort weiträumig ab. Hunderte Angehörige der Vermissten mussten mit Gewalt daran gehindert werden, auf das Gelände zu stürmen. Notärzte übernahmen die Erstversorgung der Geretteten, die mit Knochenbrüchen und anderen schweren Verletzungen in Kliniken gebracht wurden.

Der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow schloss am Unfallort einen Terroranschlag aus. Hauptursache sei vermutlich die schwere Schneelast. Nach den strengen Frösten der vergangenen Wochen lagen die Temperaturen in Moskau zuletzt über dem Gefrierpunkt. In der Nacht hatte es stark geschneit.

Architekt der Halle ist vorbelastet

Ermittler der Staatsanwaltschaft schlossen auch eine unsachgemäße Nutzung des Gebäudes oder einen Konstruktionsfehler nicht aus. Die Markthalle und auch das vor zwei Jahren im Süden Moskaus eingestürzte Erlebnisbad "Transvaal" waren von dem selben Architekten, Nodar Kantscheli, entworfen worden. "Offensichtlich lag sehr viel Schnee auf dem Dach, den niemand weggeräumt hat", sagte der bekannte russische Architekt. Im Gegensatz zum "Transvaal"-Spaßbad sei das Dach des Marktes nach unten gewölbt gewesen "wie ein Teller".

Nach dem Unfall im Erlebnisbad am 14. Februar 2004, bei dem 28 Besucher ums Leben kamen, hatten Ingenieure den Zustand zahlreicher Gebäude in Moskau überprüft. Bei dem Lebensmittelmarkt habe man Mängel unter anderem beim Brandschutz festgestellt, sagte Luschkow. Das Dach sei aber allem Anschein nach in Ordnung gewesen.

In diesem Jahr sorgten bereits zwei tödliche Halleneinstürze nach starkem Schneefall in Europa für Entsetzen. Am 2. Januar begrub das Dach einer Eissporthalle im bayerischen Bad Reichenhall 15 Menschen unter sich. Knapp vier Wochen später, am 28. Januar, kamen im südpolnischen Kattowitz 65 Menschen ums Leben, als das Dach einer Messehalle während einer Taubenausstellung einbrach.

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