Die Alpen sind derzeit so grün wie normalerweise im Frühjahr. Selbst auf 2000 Metern liegen die Temperaturen im Plusbereich. Schneefälle sind so gut wie ausgeschlossen, selbst für den Kunstschnee ist es mancherorts einfach zu warm. Deshalb schlängeln sich in Österreichs beliebten Skigebieten nur weiße Kunstschneebänder durch eine sonst grün-braune Alpenlandschaft. Das macht den Skisport zu einem gefährlichen Vergnügen, zeigt eine Serie von Skiunfällen der letzten Tage.
Am Neujahrstag verunglückten zwei Niederländerinnen am Hintertuxer Gletscher im tirolerischen Zillertal – eine von ihnen tödlich. An einem eisigen Steilstück durchbrach sie einen Sicherheitszaun, stürzte 20 Meter über den Pistenrand und prallte gegen einen Baum. Eine 55-jährige Deutsche stürzte an derselben Stelle über den Pistenrand und wurde schwer verletzt in die Innsbrucker Klinik gebracht. Weniger Glück hatten zwei 17-jährige Teenager aus Bayern. Sie gerieten ebenfalls über den Rand einer Tiroler Piste, überlebten den Sturz über 50 bis 60 Meter aber nicht.
Die tragische Liste ließe sich noch weiterfortführen. Seit November sind auf den österreichischen Pisten 13 Menschen tödlich verunglückt. Elf von ihnen allein in Tirol. Ein trauriger Rekord der aktuellen Skisaison: So viele Tote hat es im selben Zeitraum noch nie gegeben, berichten österreichische Medien.
Jetzt stellt sich die Frage, wie es überhaupt soweit kommen konnte. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sieht offenbar die Betriebsleiter der Pisten und Gletscherbahnen in der Pflicht. Zumindest laufen derzeit Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung gegen sie. Es werde geprüft, ob die Verkehrssicherungspflichten eingehalten worden seien, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Ein Sachverständiger soll die Unfallursachen finden und prüfen, ob die Unglücke hätten verhindert werden können. Bis Ergebnisse vorliegen, könne es aber noch dauern.
Mit über 70km/h auf der Skipiste
Laut Präsident des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS), Peter Paal, sind die Skipisten "sehr gut präpariert". Die Betreiber könnten dafür nicht in Haftung genommen werden. Auch der Präsident des Österreichischen Alpenvereins und Jurist, Andreas Ermacora, sagt gegenüber dem ORF Tirol, die Betreiber müssten nur gegen jene Gefahren Vorkehrungen treffen, mit denen die Wintersportlerinnen und Wintersportler nicht rechnen könnten.
Viele der tödlichen Unfälle seien auf Eigenverschulden zurückzuführen. "Wenn man über den Pistenrand hinausfährt und gegen einen Baum prallt, ist das sehr tragisch, man kann es aber dem Pistenbetreiber nicht anlasten", sagt Ermacora. Auch Paal sieht die Skifahrer in der Pflicht. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie wagen sich die ersten wieder auf die Pisten. Dabei mangele es vielen nach der Zwangspause an "Ski-Fitness", sagt er der Nachrichtenagentur APA.
Häufig fahren die Skifahrer viel zu schnell über die schneebedeckten Hänge. Einer aktuellen Erhebung zufolge sollen manche mit mehr als 70 km/h unterwegs sein. "Bei solchen Geschwindigkeiten hilft dann auch ein Helm nicht mehr", sagt Johanna Trauner-Karner vom Kuratorium für Verkehrssicherheit dem österreichischen Sender ORF.
Grundsätzlich sollten Skifahrer nur auf den präparierten Kunstschneeflächen dem sportlichen Vergnügen frönen. Außerhalb sei die Verletzungsgefahr mangels Schnee sehr viel höher, warnte jüngst ein Polizeisprecher.
Pistenbetreiber müssen wegen Wetter umrüsten
Gleichzeitig geht es in den Debatten um die Skiunfälle auch um den Klimawandel. Höhere Temperaturen nähmen im Mittel seit Jahrzehnten zu, sagt Martin Schwienbacher vom DWD. Das Wetter an Weihnachten passe in den statistischen Kontext, der den Klimawandel dokumentiere. Wegen der milden Temperaturen sind die Schneeflächen oftmals vereist. Das passiert, wenn der Schnee zu nass oder festgefahrene Abschnitte tagsüber auftauen und nachts wieder frieren. Dadurch wird der Wintersport gefährlich. Das Skigeschäft deshalb einzustellen ist aus Paals Sicht aber nicht nötig.
Dabei zwingt das Wetter schon jetzt einige Betreiber zum Umdenken. Etwa am Großen Arber im Bayerischen Wald, wo die Saisonstart "auf unbestimmte Zeit" verschoben werden musste. Andernorts ist nicht sicher, ob die Skisaison so lange laufen kann, wie sonst. Ohne die umstrittenen Schneekanonen, da sind sich die Liftbetreiber einig, wäre eine Skisaison nicht mehr möglich. Dabei konnte wegen der hohen Temperaturen zuletzt nicht einmal nachts beschneit werden.
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Am Puchenberg in Niederösterreich stiegen die Temperaturen am Neujahrstag sogar auf knapp 20 Grad. Jetzt reagieren die Skibetreiber: Statt Skifahrer befördern einige Lifte nun Fußgänger und Wanderer auf die Gipfel.
Trotz allem ist die Nachfrage nach Urlaub in den Alpen ungebrochen hoch. Wen es jedoch nicht auf die Pisten zieht, hat bereits eine Alternative gefunden: Niederösterreichische Betreiber von Thermen berichten, dass täglich mehr Besucher kommen als im Jahr vor der Corona-Pandemie. Mancherorts müssen sich die Besucher sogar auf Wartezeiten einstellen, wenn die Obergrenze für die Badenden erreicht ist. Bei den Außentemperaturen dürfte das für die meisten aber zu verschmerzen sein.
Quellen: "Der Standard", ORF, Merkur.de, mit Material von DPA