Er isst gerade mit Freunden eine Pizza im Acqua de Farina - nur wenige Meter entfernt vom "La Belle Equipe", dem Café, in dem 18 Menschen getötet werden -, als der Terror losbricht: "Wir saßen drinnen und hörten die Schüsse deutlich. Wir alle dachten, es handelt sich um Knallfrösche. Dann rochen wir das Schießpulver. Für uns war es die Bestätigung, dass es sich um irgendeine Art von Feuerwerk handeln muss. Ich wusste nicht, dass auch Schusswaffen diesen überwältigenden Geruch verursachen können."
Als klar wird, dass es sich um einen Anschlag handelt, flüchtet er nach draußen: Leichen und Schwerverletzte liegen auf der Terrasse des japanischen Restaurants nebenan, zwischen zerstörten Fenstern und Tischen. Direkt nach dem Angriff ist für einen Moment alles ruhig: "Eine Totenstille, die zwischen einem traumatischen Erlebnis und unserer Reaktion liegt – so wie die Verzögerung, mit der ein Kind losheult, wenn es hingefallen ist."
"Leichen gut angezogener Männer liegen übereinander"
Schließlich beginnt eine verletzte Frau zu weinen. Es bricht die gespenstische Stille: „Oder aber ich fange in diesem Moment erst wieder an, etwas zu hören.“ Die Leichen gut angezogener junger Männer liegen übereinander. Ein Koch steht bewegungslos in der Tür seines Restaurants, unter Schock. Ein Mann liegt mit dem Kopf auf dem einzigen Tisch, der noch steht - ihm fehlt ein Auge und das Licht ist genau auf diesen Tisch gerichtet: "Wie in einem Theater des Horrors."
Die Szenerie erinnert ihn an Bilder aus den Medien: "Aber dieses Mal trugen die Menschen dieselbe Kleidung wie ich. Und das ändert alles. Unsere Vorstellungskraft erlaubt uns normalerweise nicht, dass wir uns mit den Bildern des Terrors identifizieren, unsere Verdrängung ist stark. Aber diesmal haben sie keine Mäntel, keine Bärte, sie rufen nicht auf Arabisch. Sie sind gekleidet wie du, haben dein Alter, sie sehen aus wie du. Das ist es, was die Terroristen wollen: unser Mitgefühl für die Opfer."
Er rennt einfach weg, ohne nachzudenken und ohne irgendjemandem zu helfen: "Ich frage mich, warum. Ich habe in meinem Leben schon mehrmals verletzte Menschen versorgt. Aber was macht man, wenn es so viele sind? Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte, und deshalb rannte ich weg, so als würde ich einfach den Fernseher ausschalten.“
"Schwer bewaffnete Leute in unserem Alter"
Als er in Sicherheit ist, denkt er an die Menschen, die solche Situationen täglich erleben müssen, an an die zahllosen Menschen, die als Einwanderer in Frankreich leben und diese Situationen erlebt haben: "Und ich denke an uns: die Kinder der Generation 'Geht uns nichts an'. Für unsere europäische Generation ist es das erste Mal, dass der Krieg zu uns nach Hause kommt, vor unseren Augen passiert, in unseren Straßen, auf so eklatante und brutale Weise. Diesmal sind die Attentäter schwer bewaffnete junge Leute in unserem Alter, die vor dir stehen, um dich umzubringen, von Angesicht zu Angesicht, nur ein paar Meter entfernt. Sie wollen töten und sie wollen dir die Illusion rauben, dass du sicher bist. Sie wollen den Glauben daran zerstören, dass diese Dinge immer nur anderen passieren."