Das Aids-Virus breitet sich allen Anstrengungen zur Eindämmung der tödlichen Immunschwächekrankheit zum Trotz weltweit weiter rasend aus. Die Zahl der Neuinfektionen erreichte mit fünf Millionen im vergangenen Jahr einen Rekordstand, wie aus einem am Dienstag verbreiteten Bericht der UN-Organisation UNAIDS hervorgeht. In jeder Region der Welt stieg die Zahl der Erkrankten. "Das Virus ist schneller als jeder von uns", erklärte UNAIDS-Leiter, Peter Piot. Dessen ungeachtet gab es auch kleine Erfolge im Kampf gegen Aids.
38 Millionen Infizierte weltweit
Der diesjährige Bericht ist nach Angaben der Organisation auf Grund einer verbesserten Datenlage der bislang genaueste zur weltweiten Verbreitung von Aids. Die Zahl der Infizierten wird jetzt auf 38 Millionen geschätzt, Experten hatten zuvor mit 40 Millionen gerechnet. Trotz der etwas gesunkenen Gesamtzahl steigen die Kosten zur Bekämpfung der Krankheit. Zum Kampf gegen Aids wären im kommenden Jahr zwölf Milliarden Dollar notwendig statt der bislang geschätzten zehn Milliarden.
Piot erklärte, der Anstieg bei den Kosten habe verschiedene Ursachen. So sei bislang die Gefahr einer HIV-Übertragung durch medizinische Instrumente unterschätzt worden, was nun zusätzliche Kosten verursache. Auch sei der Schutz der Ärzte aufwendiger als gedacht, und die Kosten für die Versorgung von Aids-Waisen seien deutlich unterschätzt worden.
Verbreitung über Spritzen
Neue ungebremste Epidemien gibt es demnach in Osteuropa und Asien, wo 60 Prozent der Weltbevölkerung leben. Dort wird Aids den Angaben zufolge vor allem über die Spritzen von Drogenabhängigen verbreitet. Rund 1,3 Millionen Menschen sind bereits infiziert - 1995 waren es 160.000. Russland ist am schlimmsten betroffen.
Am stärksten ist Aids weiterhin in Afrika verbreitet, und dort besonders in den Ländern südlich der Sahara. Dabei scheine sich die Zahl der HIV-Infizierten bei rund 25 Millionen eingependelt zu haben, heißt es in dem UN-Bericht. Die relative Stabilität verberge aber, dass sowohl die Zahl der Aids-Toten als auch die der Infizierten weiter steige. Auf zehn infizierte Männer kämen 13 infizierte Frauen. Noch stärker ist die Diskrepanz dem Bericht zufolge bei jungen Menschen. In Südafrika stehen zehn infizierten Jungen 20 infizierte Mädchen gegenüber, in Kenia und Mali ist das Verhältnis gar zehn zu 45.
In Lateinamerika konzentriert sich Aids vor allem auf Drogenabhängige und Homosexuelle. Die Infektionsrate ist aber relativ niedrig. In der Karibik verbreitet sich Aids unter Heterosexuellen vor allem durch die Prostitution. Am schlimmsten betroffen ist hier Haiti, wo 5,6 Prozent der Bevölkerung infiziert sind.
Aids verbreitet sich auch weiter in den USA und Westeuropa, besonders unter homosexuellen und bisexuellen Männern. Unklarheit herrscht zur Verbreitung von Aids in Nordafrika und im Nahen Osten, da von dort kaum Daten vorliegen.
Rückgang in einigen Ländern
An positiven Entwicklungen vermeldete UNAIDS, dass die HIV-Infektionen in einigen Ländern zurückgegangen sind, beispielsweise in Brasilien, Uganda und Thailand. Außerdem seien die Preise für Aids-Medikamente drastisch gefallen, weshalb sie auch in ärmeren Ländern vermehrt zur Verfügung stünden. Zudem werde mehr und mehr Geld für den Kampf gegen Aids bereitgestellt, da sich auch immer mehr Politiker engagierten, erklärte UNAIDS.