Er war ein Weltweiser und Pazifist mit wirren Haaren und verträumten Blick:-Einstein, die Jahrhundertfigur wurde schon zu Lebzeiten mystisch verklärt - allerdings auch persönlich angefeindet.
Der am 14. März 1879 in Ulm geborene Einstein war als Kind und Gelehrter ein Spätstarter - vielleicht das Geheimnis seines Erfolgs. "Ich habe mich geistig derart langsam entwickelt, dass ich erst als Erwachsener anfing, mich über Raum und Zeit zu wundern", sagte er. Neben seinem kindlichen Staunen und seiner genialen Intuition war es auch die Abgeschiedenheit seiner wissenschaftlichen Existenz fernab des Universitätsbetriebs, die ihn in seinem "Wunderjahr" 1905 die Widersprüche im physikalischen Weltbild seiner Zeit auflösen und durch Türen schreiten ließ, vor denen die Koryphäen seiner Zunft betriebsblind verharrten.
Bisweilen fast schon zum "Heiligen" verklärt
Schon der Franzose Henri Poincare wusste: "Es gibt keine absolute Zeit" - doch erst Einstein zog die richtigen Schlüsse und definierte mit seiner speziellen Relativitätstheorie Zeit und Raum neu. Im gleichen Jahr legte der Experte dritter Klasse im Patentamt die Grundlagen der Quantenmechanik vor, was ihm den Nobelpreis für das Jahr 1921 brachte. Zu der Zeit war Einstein bereits weltweit bekannt. 1919 bestätigten astronomische Beobachtungen sein Modell des gekrümmten Raums. "Bei mir wird jetzt jeder Piepser zum Trompetensolo", staunte er über den Ruhm.
In die Schweiz geriet der Schwabe eher zufällig. Er kam mit dem Drill seiner Münchener Schule nicht zurecht - seine Familie war dorthin umgezogen. Das Polytechnikum in Zürich bot die Gelegenheit zum Studium ohne Abitur, nach schwierigen Jahren verschaffte ihm die Stelle im Patentamt 1902 eine Existenzgrundlage. Im gleichen Jahr heiratete er seine Kommilitonin Mileva Maric. Seine Beziehung zu Frauen und seinen Kindern zeigt die Kehrseite des bisweilen fast zum "Heiligen" verklärten Genies.
Die Kehrseite des Genies
Die Ehe mit der sicherlich nicht einfachen Mileva, der "verlogenen Kreatur" (Einstein), endete im Fiasko. Seine Söhne zerbrachen fast am berühmten und genialen Vater, der kaum Zeit für sie hatte und zwischen Zurückstoßung und Zuneigung schwankte. Mileva brachte vor der Hochzeit in ihrer serbischen Heimat eine Tochter zur Welt, die vermutlich zur Adoption frei gegeben wurde. Einstein hat sie nie gesehen. Seine zweite Frau Elsa betrog er rücksichtslos.
Einstein hatte Angst vor Nähe. Er beschrieb sich selbst als "Einspänner, der dem Staat, der Heimat, dem Freundeskreis, ja selbst der engeren Familie nie mit ganzem Herzen angehört hat, sondern all diesen Bindungen gegenüber ein nie sich legendes Gefühl der Fremdheit und des Bedürfnisses nach Einsamkeit empfunden hat".
Naturwissenschaftler mit moralischer Verantwortung
Nach seinen bahnbrechenden Arbeiten von 1905, die er einem Freund als "wenig bedeutsames Gepappel" ankündigte, begann seine steile Gelehrtenkarriere, die ihn 1914 an die Preußische Akademie der Wissenschaften nach Berlin führte. Der sympathische, humorvolle und oft höchst nachlässig gekleidete Professor wurde auf seinen Auslandsreisen umjubelt. Doch in Deutschland wurde er zur Zielscheibe von Antisemiten, was ihn nach eigener Aussage erst bewusst zum Juden machte.
Einstein war der "Archetypus des Naturwissenschaftlers mit moralischer Verantwortung", schreibt sein Biograph Thomas Bührke. Er stellte seine beispiellose Popularität in den Dienst der gerechten Sache, trommelte für Kriegsdienstverweigerung, plädierte für eine Weltregierung, rief Gewerkschaften, SPD und KPD 1932 zur Bildung einer antifaschistischen Einheitsfront auf und polemisierte: "Töten im Krieg ist nach meiner Auffassung um nichts besser als gewöhnlicher Mord."
Richtig heimisch wurde Einstein in den USA nie
Für so einen war bald kein Platz mehr in Deutschland, das wusste keiner besser als Einstein selbst. "Solange mir eine Möglichkeit offen steht, werde ich mich nur in einem Lande aufhalten, in dem politische Freiheit, Toleranz und Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz herrschen. (...) Diese Bedingungen sind gegenwärtig in Deutschland nicht erfüllt", schrieb er kurz nach der Machtübernahme Hitlers im März 1933.
Einstein brach völlig mit Deutschland, nach 1932 setzte er nie wieder einen Fuß auf deutschen Boden. Seine letzten beiden Lebensjahrzehnte verbrachte er in den USA. Die begeisterungsfähigen Amerikaner hatten wesentlich zu seiner weltweiten Popularität beigetragen, doch richtig heimisch wurde Einstein in Princeton nie.
Das FBI stufte ihn als Sicherheitsrisiko ein
Finanziell vom Institut for Advanced Study abgesichert, setzte er starrsinnig seine Suche nach einer einheitlichen Feldtheorie, der "Weltformel" fort. Doch diesmal scheiterte das Genie, das den Anschluss an die moderne Physik verloren hatte. 1935 veröffentlichte er seine letzte wissenschaftlich bedeutende Arbeit.
Aus Angst, Nazi-Deutschland könnte die Atombombe entwickeln, forderte der Pazifist 1939 US-Präsident Roosevelt auf, den Bau von Nuklearwaffen voranzutreiben. Am "Manhattan Projekt" wurde Einstein aber nicht beteiligt - das FBI stufte den Exilanten als Sicherheitsrisiko ein.
Einstein hören
Seltene Tonaufnahmen von Albert Einstein aus den Jahren 1921 bis 1951 hat der Verlag supposé zusammengestellt. Auf insgesamt 2 CDs hört man den Physiker in verschiedenen Abschnitten seines Lebens zu unterschiedlichen Themen Stellung nehmen.
Albert Einstein - Verehrte An- und Abwesende!
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2-CD-Set, 115 Minuten, 18 Tracks
Booklet, 32 Seiten
Hrsg. v. Klaus Sander
ISBN 3-932513-44-4
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Rettete Hunderte vor den Nazis
Während des Kriegs setzte er sich für die Einwanderung von Verfolgten des Nazi-Regimes ein. Damit habe er Hunderten das Leben gerettet, schreibt sein Biograph Jürgen Neffe. Nach dem Krieg galt sein Engagement in den USA den Opfern des Kommunistenjägers McCarthy. 1955 trat Einstein letztmals an die Weltöffentlichkeit und warnte gemeinsam mit dem Philosophen Bertrand Russell vor dem Wahnwitz eines atomaren Krieges.
Am 15. April wurde er mit Unterleibsschmerzen ins Krankenhaus von Princeton gebracht. Albert Einstein starb in der Nacht zum 18. April 1955 an einer geplatzten Aorta. Seine letzten Worte sind der Nachwelt nicht überliefert - die Nachtschwester verstand kein Deutsch.
Uwe Gepp/AP