Alkoholkonsum Jugendliche steigen um auf Bier

Mädchen mit Bier: 52 Prozent der weiblichen Jugendlichen gaben an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken. 2004 waren es 32 Prozent
Mädchen mit Bier: 52 Prozent der weiblichen Jugendlichen gaben an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken. 2004 waren es 32 Prozent
© Colourbox
Einer neuen Studie zufolge trinken deutsche Jugendliche heute deutlich mehr Alkohol als vor wenigen Jahren. "Alcopops" sind abgemeldet - im Trend: Bier. Auch die Mädchen sind inzwischen auf den Geschmack gekommen.

"Kampftrinken" - im schlimmsten Fall bis zur Bewusstlosigkeit - hat bei Jugendlichen Konjunktur. Jeder zweite 16- bis 17-Jährige trinkt mindestens an einem Tag im Monat fünf oder mehr Gläser Alkohol, ergab eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Danach greifen Jugendliche nach einem kurzfristigen Rückgang insgesamt wieder mehr zu Bier, Wein und Schnaps. Wöchentlich konsumieren 12- bis 17-Jährige im Durchschnitt 50,4 Gramm reinen Alkohol. Das entspricht rund 1,3 Litern Bier. Im Jahr 2004 waren es umgerechnet 1,1 Liter Bier, 2005 nur 0,8 Liter.

Mädchen entdecken Bier für sich

Die Drogenbeauftragte des Bundesregierung, Sabine Bätzing, bezeichnete die Zahlen als "Besorgnis erregend". Ursache für den Anstieg ist nach Angaben der Suchtexperten, die rund 3600 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren befragten, ein höherer Konsum von Bier, aber auch von Bier-Mischgetränken und Spirituosen. Die vor einigen Jahren noch so beliebten "Alcopops" würden kaum mehr konsumiert.

Vor allem weibliche Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren haben Geschmack an Bier gefunden: Mehr als die Hälfte (52 Prozent) von ihnen gab an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken. 2004 waren es 32 Prozent. Nach wie vor trinken die gleichaltrigen Jungen am meisten Bier: 76 Prozent gaben an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken.

Von 1973 bis 2000 sank nach Angaben der BZGA der Alkoholkonsum von Jugendlichen in Deutschland kontinuierlich. 2001 bis 2004 verzeichneten die Experten jedoch einen Anstieg, den sie auf die "Alcopops" zurückführen. Nach Einführung der Steuer auf die alkoholhaltigen Limonaden sank der Alkoholkonsum zwar vorübergehend, stieg 2007 aber wieder an. Zurzeit trinken 43 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren mindestens einmal in der Woche Alkohol, vier Prozentpunkte mehr als 2005.

1,6 Millionen Alkoholiker in Deutschland

Eine Steuer auf Bier und süße Bier-Mischgetränke nach Vorbild der Alcopops sei derzeit nicht geplant, sagte die Drogenbeauftragte Bätzing. Stattdessen solle die Gesellschaft mehr Verantwortung übernehmen: "Fakt ist, dass in Deutschland noch zu viele Menschen zu viel und vor allem zu regelmäßig Alkohol trinken." Die Direktorin der BZGA, Elisabeth Pott, kritisierte, dass Alkoholkonsum allgemein als Trinkkultur bezeichnet und seine Folgen verharmlost werden.

Rund 1,6 Millionen Menschen gelten in Deutschland derzeit als alkoholabhängig. Mehr als 10 Millionen Menschen konsumieren Alkoholika "in riskanter Weise", sagte Bätzing. Christoph von Ascheraden, Suchtexperte der Bundesärztekammer, wies darauf hin, dass bei jeder dritten stationären Aufnahme von Patienten direkt oder indirekt Alkohol beteiligt sei. Jeder zehnte Patient habe ein Alkoholproblem. Ärzte seien vor allem mit den Folgeerkrankungen eines langjährigen schädlichen Konsums konfrontiert. Dazu gehörten Verdauungsstörungen, Leberschädigungen, neurologische Ausfälle oder auch Verletzungen.

In einer bundesweiten Aktionswoche will Bätzing gemeinsam mit der BZGA und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen das kritische Bewusstsein der Bevölkerung für den eigenen Alkoholkonsum schärfen. Von Freitag bis Montag informieren Experten bundesweit bei mehr als 2000 Veranstaltungen über Alkohol und seine Folgen.

AP · DPA
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