Britische Forscher haben nach eigenen Angaben erstmals Chimären-Embryonen aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Kühen erzeugt. "Menschliche Eizellen sind sehr kostbar und so hatten wir den Einfall, dass man diesen Mangel durch den Einsatz von Kuh-Eizellen umgehen könnte", erklärt John Burn vom Institut für Humangenetik an der Universität Newcastle. Zudem stünden tierische Eizellen im Gegensatz zu menschlichen praktisch unbegrenzt zur Verfügung.
Für die Experimente hatte die britische Embryologie-Behörde HFA eine Sondergenehmigung erteilt. Die Wissenschaftler wollen feststellen, ob sich Chimären-Stammzellen für die Behandlung schwerer Krankheiten nutzbar machen lassen.
"Monströse Attacke auf die menschliche Würde"
Das Experiment fachte die Diskussion über ein von der Regierung in London geplantes neues Gesetz zur Stammzellenforschung noch weiter an. Mit dem Gesetz, über das frühestens im Mai abgestimmt werden soll, soll auch die Erzeugung von Chimären-Embryonen zu Forschungszwecken generell erlaubt und geregelt werden. Gegen dieses Vorhaben protestierte neben anderen der Kardinal der Schottischen Katholischen Kirche Keith O'Brien. Es stelle eine "monströse Attacke auf die Menschenrechte, auf die menschliche Würde und auf das menschliche Leben dar".
Auch der deutsche Stammzellforscher Prof. Wolfgang-Michael Franz vom Klinikum Großhadern der Universität München kritisierte die Experimente. "Ich bin entsetzt darüber. Ich sehe in den Versuchen keinerlei Sinn. Das ist ganz klar überhaupt keine Alternative. Ich wüsste nicht, wofür diese Zellen relevant sind." Er könne die Arbeit ethisch und moralisch nicht nachvollziehen.
Dagegen erklärte der britische Professor Burn, es könne keine Rede davon sein, dass die Wissenschaftler "Monster schaffen". Wer sich mit der Problematik genauer beschäftige, erkenne rasch, dass sie "kein neues ethisches Problem aufwirft". Armstrong hatte vor Beginn des Experiments gesagt, es sei "ganz wichtig zu wissen, dass wir dies ausschließlich für Forschungszwecke nutzen werden".
Nicht größer als ein Stecknadelkopf
Die Forscher erzeugen die Chimären-Embryonen, indem sie die DNA aus menschlichen Hautzellen in entkernte Eizellen von Kühen spritzten. Die Zellhybriden bestanden zum weitaus größten Teil aus menschlichem und nur zu 0,1 Prozent aus tierischem Material. Solche Embryonen müssen nach Anordnung der HIFA spätestens nach 14 Tagen zerstört werden. Sie wären dann nicht größer als ein Stecknadelkopf.
Nachdem die jetzt erzeugten Chimären-Embryonen drei Tage am Leben gehalten wurden wollen die Forscher in Newcastle in einem weiteren Versuch solche Hybriden zunächst sechs Tage leben lassen. Sollten auch diese Versuche erfolgreich verlaufen, könnten nach den Vorstellungen der Forscher auch Embryonen aus Mensch und Kaninchen, Ziegen und anderen Tieren entstehen. Ähnliche Experimente unternehmen Stammzellenforscher am King's College in London. Auch sie haben dafür bereits eine Genehmigung der Behörden erhalten. Schon 1998 hatten US-Forscher der Biotech-Firma ACT in Worcester und der Universität Wisconsin nach eigenen Angaben menschliche Hautzellen mit den Eizellen von Kühen verschmolzen und aus dem entstandenen Embryo Stammzellen gewonnen.