Interview Entzug muss nicht dick machen

Fast jeder, der mit dem Rauchen aufhört, nimmt zumindest ein wenig zu. Die Ernährungsexpertin Ursel Wahrburg erklärt, woran das liegt und was man dagegen tun kann.

Vor allem Frauen hören mit dem Rauchen nicht auf, weil sie befürchten, dicker zu werden. Ist der Zusammenhang richtig?

Untersuchungen zeigen, dass rund 80 Prozent der frisch gebackenen Nichtraucher zumindest ein bisschen zunehmen. Oft sind das bei Männern drei bis vier Kilo und bei Frauen vier bis fünf.

Was können sie dagegen tun?

Eine goldene Regel sagt: Nicht mehr essen, sich dafür aber mehr bewegen. Raucher haben nämlich einen höheren Energieverbrauch als Nichtraucher. Sie verbrennen am Tag 200 bis 250 Kalorien mehr - auch bei völliger Körperruhe. Das so genannte sympathische Nervensystem, das auch für die Produktion des Stresshormons Adrenalin verantwortlich ist, scheint bei Rauchern intensiver zu arbeiten. Außerdem brauchen sie vermutlich mehr Energie für die Verdauung und die Aufnahme der Nährstoffe.

Wer mit dem Rauchen aufhört, muss also gleichzeitig zum Sportler werden?

Nein. Eine halbe Stunde in der Mittagspause stramm spazieren gehen, zwei Haltestellen vor dem Ziel aussteigen und den Rest wandern oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren verbraucht in der Regel die überschüssigen 200 Kalorien.

Raucher haben aber noch ein weiteres Problem: Sobald sie von der Zigarette los sind, suchen sie eine Ersatzbefriedigung. Meistens greifen sie zu Süßigkeiten, die voll Zucker und häufig voll Fett sind.

Das kommt vor. Süßigkeiten kann man wie eine Zigarette in Hand und Mund nehmen. Ex-Raucher lieben solche Leckereien auch deshalb, weil sie sie als Raucher weniger gut schmecken konnten. Denn Rauchen schädigt ein wenig die Geschmacksnerven im Mund. Viele frische Nichtraucher empfin-den Geschmacksreize darum besonders intensiv. Für den Reiz "süß" haben wir sowieso eine angeborene Zuneigung. Die wird verstärkt, wenn Süßes nun noch besser schmeckt.

Gleichzeitig auf Zigaretten verzichten, sich mehr bewegen und dann noch einer gesteigerten Lust auf Schokolade widerstehen - das klingt nach einem schwierigen Programm.

Man muss sich schon ein bisschen am Riemen reißen, wenn man nicht zunehmen will. Wer trotzdem dicker wird, kann sich trösten: Der größere Appetit eines Ex-Rauchers ist meist ein vorübergehendes Phänomen. Außerdem ist es aus gesundheitlicher Sicht nicht schlimm, vier bis fünf Kilo schwerer zu sein. Raucher zu sein dagegen schon! Wer mit dem Rauchen aufhört, sollte deshalb seine anderen Lüste nicht völlig untergraben. Ein bisschen Schokolade darf er schon essen, vor allem wenn er Heißhunger auf sie hat. Er sollte aber versuchen, bewusst zu genießen, also kleine Mengen mit Lust auf der Zunge zergehen lassen.

Was kann ein Ex-Raucher noch tun, wenn ihn der Hunger quält?

Sachen essen, von denen man viel essen darf, also Obst und Gemüse. Sie sorgen für einen gut gefüllten Magen. Denn die Magendehnung ist unser wichtigstes Sättigungsmerkmal. Deshalb hilft auch Wasser trinken. Man hat ja etwas im Mund und später auch im Bauch, das mindert das Hungergefühl.

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