In den vergangenen zwanzig Jahren stieg die Zahl der hungernden Eisbären in den Frühlingsmonaten April und Mai von zehn auf fast dreißig Prozent an. Das haben kanadische Zoologen um Seth Cherry von der Universität von Alberta in Edmonton herausgefunden. Sie untersuchten anhand von Blutwerten die Nährstoffversorgung der Eisbären auf dem Packeis der Beaufortsee nördlich der kanadischen Küste.
Die Forscher betäubten 436 im nördlichen Kanada freilebende Eisbären mit Pfeilen, bevor sie sich ihnen näherten, um Blutproben zu nehmen. Das Blut analysierten sie auf die Inhaltstoffe Harnstoff und Kreatinin, deren Verhältnis beschreibt, ob der Eisbär gerade fastet. Eine erste Stichprobe in den Frühlingsmonaten April und Mai der Jahre 1985 und 1986 ergab, dass rund zehn Prozent der Eisbären hungrig waren. Zwanzig Jahre später, im Jahr 2005, waren es bereits 21 Prozent und ein Jahr darauf 29 Prozent, wie der Onlinedienst des Fachmagazins "New Scientist" berichtet.
Hungrige Eisbären sind im Jahresverlauf allerdings nichts Ungewöhnliches: Im Winter und Frühling herrscht eine große Meereisbedeckung. Währenddessen schlagen sich die Eisbären den Bauch voll und überbrücken anschließend die kargeren Monate mit Fasten. Allerdings sollten die Monate April und Mai noch ein ausreichend großes Nahrungsangebot bieten. Die Eisbären sitzen dann auf dem Eis und lauern an den Luftlöchern der Robben. Sobald diese sich blicken lassen, schnappen die Räuber zu. Mit dem schnelleren Rückzug des Meereises wegen höherer Temperaturen sinken jedoch die Jagdgelegenheiten der Eisbären. Die Fastenmonate werden dadurch länger und der Hunger nimmt zu. Dies schränkt nach Angaben der Forscher die Lebens- und Überlebensbedingungen der Eisbären weiter ein.