Wenn ein Grundschleppnetz den Meeresboden durchpflügt, lässt es eine Schneise der Verwüstung hinter sich. Korallenriffe, die Tausende von Jahren brauchten, um zu wachsen, werden binnen Minuten zerstört. Umweltschutzorganisationen fordern seit Jahren ein Verbot dieser Art der Fischerei. Doch ein Moratorium wurde von der UN abgelehnt.
In einem Gebiet entlang des Mittelatlantischen Rückens könnte die Natur nun von diesem verheerenden Eingriff verschont werden: Eine rund 300.000 Quadratkilometer große Region soll zu einem Schutzgebiet erklärt werden. Sie liegt auf halber Strecke zwischen Island und den Azoren und ist etwa so groß wie Italien. Die 15 europäische Staatenn des Oslo-Paris-Abkommens (OSPAR) zur Bewahrung des Nordost-Atlantiks haben bei einer Konferenz im französischen Brest die Einrichtung der Zone beschlossen.
"Das ist eine historische Entscheidung", sagt Stefan Lutter von der Naturschutzorganisation WWF. Der Teil des Mittelatlantischen Rückens sei dann neben einem kleineren Gebiet im Mittelmeer erst das zweite Schutzgebiet außerhalb nationaler Gewässer. Nur ein halbes Prozent der Ozeane steht unter Naturschutz - und diese Gebiete finden sich fast nur in küstennahen Gewässern.
Es geht nicht nur um den Fischfang
Bei Meeresschutzgebieten geht es um weit mehr als Fischfang-Regeln. Die Regionen sollen auch vor der Plünderung von Bodenschätzen, der Entsorgung von Abfällen und dem von einigen Firmen diskutierten Einleiten von Kohlendioxid bewahrt werden.
Dass die meisten der bestehenden Meeresschutzgebiete nicht auf hoher See liegen, erstaunt nicht. Schließlich ist die Rechtslage in internationalen Gewässern kompliziert. Zudem einigten sich erst im Mai rund 180 Staaten auf der UN-Artenschutzkonferenz in Bonn auf einen Katalog, der festlegt, welche Kriterien eine Meeresregion erfüllen muss, damit sie schutzwürdig ist. Der Mittelatlantische Rücken etwa beheimatet viele verschiedene Arten. Dort leben auch Spezies, die stark bedroht sind, etwa der Granatbarsch, ein Tiefseefisch, der mehr als 100 Jahre alt werden kann. Fortpflanzungsfähig sind die Tiere erst jenseits der zwanzig, daher sind sie durch intensiven Fischfang extrem bedroht. Kaltwasserkorallen finden sich entlang des Meeresgebirges ebenso wie Tiefseeschwämme und viele Hai-Arten.
Das Schutzgebiet im Nordatlantik ist ein erster Schritt, ein wichtiger. Es braucht nur einige Zahlen, um sich klar zu machen, wie stark die Meere bedroht sind. 80 Prozent aller karibischen Korallenriffe sind nach Angabe der IUCN bereits zerstört. Laut Welternährungsorganisation FAO werden drei Viertel der kommerziell genutzten Fischarten massiv überfischt. Ein Zusammenbruch dieser Fischbestände hätte auch für die Menschen dramatische Folgen: Nach UN-Angaben sind für 15 Prozent der Weltbevölkerung, vor allem Menschen in Asien und Afrika, Fisch oder Meeresfrüchte die wichtigste Eiweißquelle.