Zu seiner ersten Anakonda kam Rick Scholle durch reinen Zufall. Ein junger Mann sei von seiner Freundin gebeten worden, die Riesenschlange einfach zu "verlieren", sagt der 60-Jährige Eigentümer der "Alligator- und Schlangenfarm" bei Everglades City im Süden des US-Bundesstaates Florida. In Scholles exotischem Kleinzoo kreucht und fleucht noch anderes Getier wie der gefürchtete aggressive Nil-Waran, ein fröhlich klettender Grüner Leguan und "Pepper", ein vier Meter langer Burmesischer Python.
Insbesondere die Pythons sind zu einer regelrechten Plage geworden. Viele Privatbesitzer entsorgen ihre anfangs viel bestaunten Riesenschlangen mit den hübschen braunen Flecken einfach, weil sie ihnen im wahrsten Sinne des Wortes über den Kopf gewachsen sind. Bevorzugtes Ziel ist der rund 6000 Quadratkilometer große "Everglades National Park" im südlichen Zipfel Floridas.
"Die Pythons sind ein großes Problem. Sie sind Exoten und bringen den ganzen Park in Unordnung", beschwert sich Rangerin Carol McCreary. "Die Pythons gehören nicht in den Park. Sie fressen Beute, die anderen Tieren gehört. Der Python steht noch nicht an der Spitze der Raubtiere, aber er liefert sich mit Sicherheit Kämpfe mit Alligatoren", sagt die 67-Jährige.
Schnelles Wachstum der Python wird oft vergessen
"Der Burmesische Python ist sehr beliebt als Haustier. Viele Leute kaufen ihn und vergessen, dass er sehr schnell sehr groß wird", sagt der Biologe Skip Snow. "Im Alter von zwei Jahren ist der Python schon drei Meter lang oder noch größer." Der 54-Jährige sorgt sich vor allem um Tierarten im Nationalpark, die ohnehin durch Umwelteinflüsse und Hurrikans gefährdet sind. Im Magen eines Python habe er unter anderem einen Rallenkranich gefunden, sagt Snow. Die Vögel können bis zu 70 Zentimeter groß werden.
"Wir haben bemerkt, dass die Pythons mit einigen einheimischen Tierarten im Wettbewerb um das Futter stehen; wie mit den Luchsen", sagt der Biologe. Schlangen und Wildkatzen machten beispielsweise gleichermaßen Jagd auf eine gefährdete Bisamratten-Art.
Python-Hotline eingerichtet
Für weltweites Aufsehen sorgte im Oktober vergangenen Jahres das Foto eines 3,9 Meter langen Python, der seine Beute sträflich unterschätzte und beim Verspeisen eines 1,8 Meter langen Alligators förmlich zerplatzte. Snow war beim grausigen Fund dabei und hält es durchaus für möglich, dass große Schlangen kleine Alligatoren regelmäßig auf dem Speisezettel haben und mit dem Kopf zuerst verschlucken. Allgemein sieht Snow die Alligatoren aber im Vorteil.
Weil die Pythons inzwischen brüten und sich im Nationalpark weiter vermehren, hat Snow eine Python-Hotline eingerichtet. Die meisten der eierlegenden Reptilien sind bislang am West Lake gesichtet worden, einem idyllischen See, den dichte Mangroven-Wälder einrahmen. Geht ein Anruf ein, dann stellt Snow Fallen auf oder nimmt mit speziell abgerichteten Hunden die Fährte auf. 212 Pythons sind nach den Worten des Biologen seit 2003 "aus der Population gezogen worden" - eine freundliche Umschreibung für getötete oder tot aufgefundene Schlangen. Snow öffnet alle Körper und schaut nach, was der Python zuletzt gefressen hat.
Keinerlei Gefahr für Ökosystem im Park
Schlangenfreund Scholle bricht dagegen eine Lanze für die Pythons. Es gebe so viel Futter wie beispielsweise Waschbären, dass er für das Ökosystem im Park keinerlei Gefahr sehe. Falls ein Python einen Menschen angreife, dann beiße er nur, was so viel bedeute wie: "Verschwinde von hier", sagt Scholle. "Es sieht so aus, als ob, wenn immer eine nicht einheimische Tierart entdeckt wird, diese im schlecht möglichsten Licht dargestellt wird."