Allein die Zehenknochen des Brachiosaurus brancai sind größer als eine Männerfaust, und seine Hüftschale könnte locker als Kinderbett herhalten. Der mächtige Urzeitriese, der Besucher im alt ehrwürdigen Dinosauriersaal des Berliner Naturkundemuseums wie ein Hausherr begrüßt, war lange Zeit das größte Skelett der Welt - und von Sommer 2007 an wird er es auch wieder sein. Nach dem aufwendigen Umbau des Museums, das zu den fünf größten seiner Art weltweit zählt, und dem Wiederaufbau der Riesenechse wird der Brachiosaurus stolze 13 Meter aufragen.
"Bislang steht er nämlich ein bisschen müde da"
"Das ist dann der höchste auf vier Beinen stehende Saurier weltweit - und wir werden einen wirklich lebendigen Dinosaurier haben", kündigte David Unwin, Museumskustos für Saurier, am Donnerstag an. "Bislang steht er nämlich ein bisschen müde da." Grund für das posthume Wachstum: Nach neuen Erkenntnissen hätte die Echse in der derzeitigen Position mit am Boden aufliegendem Schwanz weder stehen noch gehen können. "Wir wissen heute, dass diese Saurier ihre mächtigen Schwänze zwei bis drei Meter hoch in der Luft hielten, um damit ihr Gleichgewicht zu halten", sagte Unwin.
Auch die Vorderbeine werden künftig "gestreckt" und senkrecht aufgebaut - derzeit stehen die Oberschenkelknochen wie bei einer Eidechse seitlich ab. Ihr immenses Gewicht hätte sie so aber gar nicht tragen können und wären schlicht zusammengesackt, wissen die Wissenschaftler. Durch dieses "Bein-Lifting" und den stolz höher gereckten Hals wächst der Brachiosaurus etwa einen Meter. Auch in der Länge wird er von 23 auf 32 Meter anwachsen.
Der Museumsumbau wird Millionen kosten
Vom 14. März an nehmen Spezialisten mit Kränen und Hebebühnen das Urzeitvieh aber zunächst einmal auseinander und holen Stück für Stück in Styropor verpackt herunter. Besucher dürfen bei der bis Ende Mai dauernden Abbauaktion durch die Fenster der Nachbarsäle zugucken und sind auch während des gesamten Umbaus, der im Juni startet, willkommen. "Der Abbau wird für uns auch eine Chance sein, den Zustand der Knochen zu prüfen", sagte Unwin. Auch die anderen Dinos aus dem Saal müssen für den Umbau in die Kisten. "Es wäre einfach zu gefährlich, wenn oben das Glasdach renoviert wird und dabei etwas herunterfällt", erläuterte Ausstellungsleiter Ferdinand Damaschun.
17.7Millionen Euro wird der Museumsumbau kosten, der je zur Hälfte von der Deutschen Lottostiftung und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert wird, und in dessen Mittelpunkt die Neugestaltung des Dinosauriersaals steht. "Die jetzige Ausstellungskonzeption stammt noch aus den 30er Jahren", berichtete Unwin.
Der schönste Archäopteryx
Ein Schwerpunkt der künftigen Ausstellung sollen neue Medien sein: Durch in Bodeninseln eingebaute Monitore und an Ferngläser erinnernde "Guckis" soll das Leben in der Urzeit anschaulich werden. "Dabei werden wir auch auf Mehrsprachigkeit setzen, denn unsere Besucher sind international", kündigte Damaschun an.
Auf ein weiteres Highlight ist Damaschun jetzt schon stolz: "Wir werden erstmals seit dem Ankauf vor mehr als 120 Jahren unser Original des Urvogels Archaeopteryx präsentieren." Weltweit gibt es acht Fossilien des Urvogels, doch das Berliner Exemplar, das bislang als Gipsabdruck gezeigt wurde, gilt als das schönste - und das soll standesgemäß gezeigt werden. "Im Dinosauriersaal werden wir eigens für ihn eine halbrunde Apsis errichten."
Andrea Barthélémy/DPA