Die fristlose Kündigung eines Müllmanns, der in seiner Firma ein ausrangiertes Kinderbett mitgenommen hatte, ist auch in zweiter Instanz für unwirksam erklärt worden. Das Landesarbeitsgericht Mannheim bestätigte damit ein Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom vergangenen Jahr. "Das Urteil ist nicht zu beanstanden", sagte der Vorsitzende Richter. Man könne dem gekündigten Müllmann zwar einen "Pflichtverstoß" unterstellen, doch dieser sei schon so lange für die Entsorgungsfirma tätig gewesen, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei. Außerdem habe das Bett im Müll gelegen und entsorgt werden sollen, die wirtschaftlichen Interessen der Firma seien nicht berührt worden, sagte der Richter. Eine Revision hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Mehmet G., der acht Jahre für das Unternehmen arbeitete, soll im Dezember 2008 ohne zu fragen ein Kinderreisebett aus einem Altpapiercontainer mitgenommen haben. Die Firma wirft ihm Diebstahl vor. Anwältin Eva Albrecht sagte vor Gericht, die Mitarbeiter seien darüber informiert worden, dass die Mitnahme von Gegenständen ohne ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers nicht gestattet sei.
Der 30-jährige G. versicherte, er sei sich keines Unrechts bewusst gewesen. Ein Kollege habe ihm das Bett gebracht. Nachdem sie festgestellt hätten, dass es noch in Ordnung sei, habe er das Bett für seine Tochter mit nach Hause nehmen wollen. Das Arbeitsgericht Mannheim hatte im Juli 2009 dem Vorwurf des Diebstahls stattgegeben, die Kündigung jedoch als unverhältnismäßig verworfen und für unwirksam erklärt. Künftig will G. nicht mehr für die Firma arbeiten, es sei ihm in dem Prozess vor allem um die Ehre gegangen, er wolle nicht als Dieb hingestellt werden
Immer wieder Kündigungen wegen Bagatelldelikten
In den vergangenen Monaten hatten immer wieder Kündigungen wegen Bagatelldelikten für Aufsehen gesorgt. So etwa der Fall von vier Kassiererinnen eines Freizeitbads in Worms. Die Stadt hatte den Frauen wegen einer nicht genehmigten Kaffeekasse gekündigt, ruderte aber wenig später zurück. In anderen Fällen verloren Mitarbeiter ihre Stellen für das Unterschlagen von Maultaschen, Frikadellen oder Brotaufstrich. Das Bundesarbeitsgericht will im Juni sein mit Spannung erwartetes Urteil im Fall der Berliner Kassiererin "Emmely" verkünden. Die Frau war wegen angeblicher Unterschlagung zweier Pfandbons im Wert von 1,30 Euro nach mehr als 30 Jahren Betriebszugehörigkeit im Februar 2008 entlassen worden.
Auch das Arbeitsgericht Reutlingen muss sich bald mit einer fristlosen Kündigung wegen einer Bagatelle befassen. Ein 35 Jahre alter Mitarbeiter eines Sportbekleidungsherstellers wurde fristlos entlassen, weil er für seine Lebensgefährtin einen Essensbon im Wert von 80 Cent in der Kantine benutzt hatte. Das Gericht wird den Fall voraussichtlich im Mai verhandeln.