Nürnberger Tiergarten Bühne frei für Flocke!

  • von Christian Gressner
Heute ist Flockes erster Tag vor zahlendem Publikum. Der große Besucheransturm ist bislang ausgeblieben, doch eingefleischte Flocke-Fans pilgerten schon am Morgen zum Gehege der Eisbärin im Nürnberger Tiergarten. Mit Wehmut bereiten sich unterdessen die Pfleger auf den Abschied vor.

Das Wetter ist schlechter geworden in Nürnberg. Der Himmel am Tag nach Flockes großem Medienauftritt ist grau und verhangen. An so einem Tag mitten in der Woche muss der Tiergarten der Stadt nicht mit übermäßigem Andrang rechnen. Normalerweise. Doch es ist der erste Tag, an dem Besucher die kleine Eisbärin Flocke selbst beobachten können. Gestern hatte der Tiergarten das vier Monate alte Tier erstmals den Medien vorgestellt, Millionen Zuschauer sollen seine ersten öffentlichen Schritte im Freigehege vor dem Fernseher verfolgt haben.

Von Menschenmassen ist am Mittwoch Vormittag im Tiergarten aber noch nichts zu sehen. Die Tribüne vor dem Gehege wirkt fast ein bisschen verlassen. Aktuelle Besucherzahlen kann der Tiergarten noch nicht vorlegen, vor dem Gehege stehen am Vormittag vielleicht 50 bis 100 Personen, nicht wenige von ihnen Journalisten. Tiergartendirektor Dag Encke ist damit durchaus zufrieden. "Wenn der Andrang langsam anläuft, ist das gar nicht schlecht." Auf maximal 25.000 Besucher am Tag hat der Tiergarten seine Kapazitäten erweitert, doch das sind Spitzen, mit denen Encke erst in einigen Wochen rechnet. Über das Jahr verteilt werde der Zulauf wohl um 20 Prozent steigen, schätzt er.

Stolze Nürnberger

Walter Betz und sein Freund Wilfried Hupfer wollten nicht so lange warten, sie haben sich an diesem Tag extra frei genommen. Beide haben die Entwicklung von Flocke in den Medien und in der Fernsehserie "Nürnberger Schnauzen" beobachtet. Als Mutter Vera ihr Junges anfangs einfach fallen ließ, als der Zoo die die Handaufzucht beschloss, und wie sich das possierliche Tierchen seitdem stabil entwickelt hat - Betz und Hupfer haben die Flocke-Nachrichten kontinuierlich verfolgt. Ihr erster Eindruck ist nun typisch fränkisch: "Sie ist doll, subba", schwärmen sie mit unüberhörbarem Akzent. Überhaupt sind die beiden Nürnberger ein bisschen stolz auf ihren Tiergarten. "Dass die Aufzucht so gut funktioniert hat, freut uns schon." Einziger Wehrmutstropfen: Flocke ist gar nicht so weiß, wie gedacht, sondern schmutzig wie ein kleines Kind, das vom Spielen nach Hause kommt.

Gedichte über Flocke

Kein Wunder. Der Bär wälzt sich an seinem ersten Tag vor zahlenden Zuschauern vergnügt im Rasen, sprintet seinen Pflegern hinterher, um sie in die Hosenbeine zu beißen und macht auch sonst einen sehr unternehmungslustigen Eindruck. Der achtjährige Oliver von der Grundschule Obermessing (Landkreis Roth) ist davon ganz begeistert. "Ich mag Flocke, weil sie so kuschelig und so weich ist." Oliver ist mit der dritten Klasse und seiner Lehrerin Melanie Schuh in den Zoo gekommen, aber nicht nur um zu gucken. Die Kinder sollen ein Gedicht schreiben, gerne auch über Flocke. "Das soll im Deutschunterricht ihre Kreativität wecken", sagt Schuh, die "starre Aufsatzerziehung" von früher sei nicht mehr gewünscht.

Während die Besucher jetzt Flocke erstmals zu sehen bekommen, beginnt für die vier Tierpfleger, die sie bislang rund um die Uhr betreut haben, die Zeit des Abschiednehmens. Petra Fritz geht das spürbar nahe. Sie hat Flocke das erste Fläschchen gegeben, sie hat meist die Nächte mit ihr verbracht. "Die ruhigen Nächte am Boden liegend, sie auf meinem Bauch schlafend - solche Momente bleiben einem für immer", sagt sie mit Wehmut. "Man kann sich nicht wehren, irgendwann hat man Flocke ins Herz geschlossen." Bei der Trennung von der Eisbärin in ein paar Monaten, wenn das junge Raubtier seinen Pflegern gefährlich werden kann, "werden wir alle ziemlich traurig sein". Was dann aus Flocke wird, ist noch nicht entschieden. Wie lange sie in Nürnberg bleibt, "hängt von unserer Platzsituation ab", sagt Direktor Encke.

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