Kofi Annan fällt der Abgang von der Bühne der Weltpolitik sichtlich schwer. Bei seiner letzten großen Rede vor Staats- und Regierungschefs der Vereinten Nationen versagt dem UN- Generalsekretär am Dienstag mehrmals die Stimme. "Wenn alles vorbei ist, werde ich diesen erhabensten Job der Welt vermissen", bekennt der afrikanische Top-Diplomat mit gewohntem Understatement. Seine Amtszeit an der Spitze der Weltorganisation sei "schwierig und eine Herausforderung, oft aber auch unglaublich erfüllend" gewesen.
Bei seinem Rückblick auf die zehn Jahre im 38. Stock des UN- Glaspalastes lässt Annan die frustrierende Erfahrung eines Sisyphos anklingen. "Gemeinsam haben wir manche großen Felsbrocken den Berg hinaufgestemmt. Andere sind unserem Griff entglitten und wieder zurückgerollt. Aber es gibt einfach keinen besseren Ort auf der Erde als diesen Gipfel mit seinem weltumspannenden Blick".
Das moralische Gewissen der Welt
Nach dem Liebesbekenntnis an die Organisation, in der er seit vier Jahrzehnten für Frieden und Sicherheit sowie gleiche Rechte für Alle kämpft, schimmern Annans Augen. Der charismatische Friedensnobelpreisträger muss sich mehrmals kräftig räuspern. Seine Zuhörer im großen Saal der UN-Vollversammlung würdigen ihn mit minutenlangem, stehendem Applaus. Für sie ist der Mann, der Amerika im Streit um den Irakkrieg die Stirn bot und aus dem größten Korruptionsskandal in der UN-Geschichte am Ende unbeschadet hervorging, das moralische Gewissen der Welt, ein Superstar der Diplomatie.
Auch nach Ansicht der Deutschen hat niemand mehr für Konfliktbekämpfung getan als der populäre UN-Generalsekretär, ergab kürzlich eine Umfrage eines Meinungsforschungsinstitut im Rückblick auf das Jahr 2003. Annan selbst ist sich oft der Tatsache bewusst, dass er nur der Mächtigste in einer politisch machtlosen Organisation ist.
Dabei gibt es für den Weltreisenden in Sachen Frieden nur eine "einzige Antwort auf eine gespaltene Welt": die Vereinten Nationen. Dass diese jedoch nur so viel bewirken können, wie ihre Mitglieder es erlauben, ruft Annan der Völkergemeinschaft in diesen letzten Wochen seiner Amtszeit immer wieder mit sanfter Stimme ins Gewissen.